1. Wie die Teterower ihren Stadtbollen auf die Weide brachten.

[347] Weil immer so prächtiges Gras auf dem einen alten Stadtthore wuchs, das stets nutzlos umkommen mußte, beschloß die[347] Bürgerschaft, ihren Bollen dahinauf zu bringen, damit er das schöne Futter abweide. Nachdem man dem Thiere ein langes, starkes Tau um den Hals geschlungen, erstiegen einige der klugen Leute mit dem andern Tau-Ende das hohe Thor und zogen nun aus Leibeskräften den Bollen nach oben. Das arme Geschöpf zappelte erst gewaltig, als man ihm also seine Kehle zuschnürte und streckte im Todeskampfe seine Zunge weit aus. Als dies die Umstehenden sahen, riefen sie ›Kikt, wo hei all na dat schöne Gras lickmünnt.‹ Endlich oben angelangt, war der Bolle zum Erstaunen der guten Leutchen bereits crepirt.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 347-348.
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