2.

[363] In der Mitternachtsstunde vor dem ersten Weihnachtsfeiertage halten in Hagenow die Geister Gottesdienst in der Kirche. Es ist in Hagenow Sitte, daß an diesem Tage um 5 Uhr Morgens ein Gottesdienst gehalten wird. Einst geht eine Frau, in der Meinung, es sei schon 5 Uhr, um Mitternacht in die Kirche, deren Fenster sie erleuchtet sieht. Sie erblickt theils ihr fremde Gestalten in alterthümlicher Tracht, theils die Züge von verstorbenen Bekannten. Eine solche flüstert ihr zu, ein Vaterunser zu beten und rasch aus der[363] Kirche zu eilen, ohne sich umzusehen. Das thut sie auch, wirft aber noch einen Blick im Hinausgehen zurück. Da fällt die Thür zu und ein Zipfel des Kleides wird eingeklemmt. Die Frau ist nach drei Tagen gestorben.


Fräulein A. Krüger. Dieselbe Erzählung von der Kirche in Dänschenburg bei Ribnitz berichtet durch einen Seminaristen in Neukloster.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 363-364.
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