603. Mädchen in Stein verwandelt.

[429] In der Doberaner Kirche wird dem Fremden unter andern ähnlichen Raritäten oder sogenannten Reliquien auch die Salzsäule von Lot's Weib gezeigt, eine aus einer Art kalkhaltigem Sandstein roh gehauene Figur, welcher aber der Kopf, beide Arme und der[429] untere Theil der Füße fehlen. Außer dieser Sage existirt noch eine zweite, also lautend. Vor Alters wurde einst ein in Doberan dienendes Mädchen von ihrer Herrschaft zu Felde geschickt, um dort eine Arbeit zu verrichten. Man hatte ihr Käse und Brot als Essen mitgegeben. Sie war aber hiermit nicht zufrieden, sondern fluchte, auf dem Felde angelangt, laut darüber, daß sie so schlechte Nahrung von ihrer Herrschaft bekomme. Andere Leute, die das Dienstmädchen beruhigen wollten, machten sie nur noch immer böser und wüthender. Als sie nun aber endlich gar auch das Brot und den Käse verfluchte, da wurde sie zur Strafe für solchen Frevel in jenen Stein verwandelt, dessen Reste man noch heutigen Tages in der Kirche zu Doberan sieht. Der Stein wurde nämlich später von dem Felde in die Kirche gebracht und dort zur Warnung für andere Gottlose aufbewahrt.


Niederh. 4, 37 f.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 429-430.
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