1.

[472] Früher haben oft Knechte und auch Andere, die Pferde zu füttern hatten, einen Chimken gehabt. Wer einen solchen Chimken[472] hatte, dessen Pferde waren immer glatt und fett. Man konnte aber den Chimken nicht wieder los werden. Auf einem Hofe in der Rostocker Gegend dienten zwei Knechte, von denen der eine, als ein eben Angehender, sich noch nicht recht auf die Wartung und Pflege der Pferde verstand, weshalb auch seine Pferde nur mager waren. Weil er nun vom Chimken gehört hatte und ihm, da er sehr einfältig und leichtgläubig war, eingebildet worden war, daß er zu Kauf zu haben sei, so gab er seinem Mitknecht, als derselbe einmal nach Rostock fuhr, den Auftrag, ihm einen Chimken mitzubringen. Auf dem Rückwege fing der Knecht eine Brummfliege, welche sich auf das eine Pferd gesetzt hatte, sperrte sie in die ihm für den Chimken mitgegebene Schachtel und steckte sie in die Tasche. Zu Hause angekommen, überreichte er die Schachtel dem Auftraggeber mit den Worten ›Dor hest du en Chimken!‹ Von jetzt ab wurden die Pferde des einfältigen Knechts in kurzer Zeit dick und fett, die des andern aber brandmager, was davon kam, daß der Chimken, denn ein solcher war die Brummfliege gewesen, den letztern das Futter entzog und den andern darreichte.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 2, Wien 1879/80, S. 472-473.
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