XII. Capitul.
Faustus geht durch. Zendorio macht mit der Caspia Hochzeit.

[125] Oft mancher greift nach schnödem Gut,

Hat nichts, wenn er die Händ auftut.


Der Eid, welchen Faustus abgeleget, geschah in einer großen Frequenz der Adeligen, welche sich ob der geschwinden Resolution der Caspia sehr verwunderten, zumalen sie sich sonsten auf keinerlei Condition noch Manier mit ihm einlassen, viel weniger verbinden wollen. Aber Ludwig hatte indessen mit Isidoro dem Schneider gerufen und mir ein stattliches Kleid verfertigen lassen. Es ging der Morgen vorbei, und Faustus gedachte schon an das vierte Teil seines Gewinsts, unerachtet er nicht gedacht, was der späte Abend mit sich bringen dörfte. Solchermaßen rückte der Abend herzu, und wurde schon die funfzehente Stunde gezählet, von der Zeit, da der Pact eingegangen worden. Das Tor war zu und dahero die Freude des Faustus desto größer, daß Zendorio nicht hereinkommen würde. Zu Ende dessen bestach er den Torwärter, damit er alle Fremde abweisen sollte, und auf eine solche Art verhoffte er eine so lang belagerte Vestung zu gewinnen und einzunehmen.

Man trägt das Abendessen zur Tafel, und Faustus wurde der Caspia an die Seite gesetzet. Sie war viel eines heroischem Gemüts als sonsten, deswegen gratulierte sich Faustus recht freudig in dem Herzen, verhoffend, nunmehr einen glücklichen Ausgang gefunden zu haben. Ludwig und Isidoro, die continuierlich als zwei Brüder beisammen gestecket, brachten mich mit sich ganz in einem andern Habit und Gestalt. Faustus hielt mich erstlich vor einen Reisenden vom Adel, und weil ich unter ihm gesetzet wurde, glaubte er mich nichts weniger als den Zendorio zu sein.

Aber nachdem Caspia das erste Glas ergriffen, trank sie solches mir mit folgenden Worten zu: »Zendorio, seine Dienerin bringt Ihms, in Gesundheit des Faustus.« Ich stund hiermit von dem Sessel auf und Faustus ingleichen, viel mehr aus Bestürzung als Ehrerbietigkeit. Isidoro und Ludwig sagten hierauf zu Fausto: »Monsieur, der Pact ist verspielt, wir[126] præsumieren von keinem Cavalier, daß er seine Parola, viel weniger seinen Eid leugnen und zurücknehmen werde. Hier sitzet Zendorio, herumgetrieben von tausend Unglückswinden. Er ist, eine Dame zu besitzen, wohl würdig, welche der Himmel keinem andern vergönnen wollen, und wir versichern uns, daß Monsieur deswegen viel mehr Freud als einzigen Widerwillen erzeigen werde, zumalen solches zu urteilen seine angeborne Höflichkeit genugsam verspricht und gewiß machet. Derohalben lasset uns ihm Glück wünschen und zugleich auch derjenigen, welche beide bis dahero in unzähligem Seufzen geschieden waren, nunmehr aber nach so vielen ausgestandenen Sturmwinden in dem erwünschten Port einer angenehmsten Vergnügung eingeschiffet.«

Anstatt sich nun Faustus von den wohlgegründeten Reden dieser beiden Cavalier sollte haben bezwingen lassen, eilete er mit Zurückschmeißung des Stuhls samt seinen Laquayen zu der Stube hinaus, setzte sich zu Pferd und ritt noch in der Nacht mit allen seinen Leuten zu dem Schlosse aus. Es wurde hierauf ein großes Frohlocken gehöret, und die adelige Gesellschaft achtete das schnelle und unbesonnene Hinscheiden des Faustus nicht um ein Haar. Man jubilierte die ganze Nacht, und konnte Caspia kaum den andern Tag erwarten, da sie sich mit großem Pomp und Pracht an mich verehlichen ließ. Werde auch die Beschreibung dessen hier mit Stillschweigen vorübergehen, weil dergleichen Erzählungen wenig oder gar nichts nützen, sondern nur ein eitles Verlangen in demjenigen erregen, der seiner Begierden nicht mächtig ist.

Quelle:
Johann Beer: Die teutschen Winter-Nächte & Die kurzweiligen Sommer-Täge. Frankfurt a. M. 1963, S. 125-127.
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