Vierter Auftritt

[62] Faust der hereingetreten ist und die letzten Worte gehört hatte. Die Vorigen auseinander fahrend, als sie seine Stimme hören.


FAUST. Unglücklich? Warum bist Du unglücklich? und welche Vertraulichkeit? Soll ich Dich auch von dieser Seite kennen lernen?

MARIANE. Ich verstehe diese Worte nicht, und will ihrem Sinne nicht nachspühren.

FAUST. Ich will ihn Dir sagen: es ist nicht fein, daß ein Weib sich unglücklich nenne, und an einen andern Mann sich anschmiege.

WAGNER. Ich verkenne Dich, Faust!

FAUST. Verkenne die Weiber nur nicht auch! Sie schleichen sich bald in das Herz der Männer ein, verheirathete, und unverheirathete; und diese hier macht keine Ausnahme.

MARIANE mit Würde. Nein Faust, das ertrage[62] ich nicht! Sei kalt, sei zurückstoßend, aber zweifle nie an meiner Ehre!

FAUST. Auch dann nicht, wenn ich Dich an dem Busen eines andern finde, wenn Du bei dem Ton meiner Stimme schnell von ihm zurückfährst?

WAGNER. Um Gotteswillen Faust, welche Gedanken steigen in Dir auf! Du irrst mehr, als je ein Sterblicher geirrt hat.

FAUST. Du magst unschuldig seyn, Wagner, aber Du kennst die Weiber nicht. Sie lieben die Abwechselung, und die meinige, seh ich, gehört zu dem gewöhnlichen Schlage; sie sucht sich einen andern.

MARIANE. O mein Gott, das ist schrecklich! diese Worte sind Dolchstiche für mich, und ich kann sie nicht länger anhören. Helfen Sie mir, Wagner! Schwankt ohnmächtig nach der Thür.

WAGNER indem er sie langsam hinausführt. Faust, Du versündigst Dich ohne Maaß, ohne Ziel an Deinem edlen guten Weibe, Draussen. Lisette! Hülfe![63]


Quelle:
Benkowitz, Karl Friedrich: Die Jubelfeier der Hölle, oder Faust der jüngere. Berlin 1801, S. 62-64.
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