Zehnter Auftritt

[100] Faust allein.


FAUST voll Verzweiflung. Rochus! Rochus! – Ein großer Name! Größer, als Satan, als alle Namen der Hölle! Wie er da brennt vor meinen Augen, wie er da glüht in meinem Herzen! – Rochus, Du kennst das Leben der Seele. Du hast es getroffen! – Aber ich schwöre bei dem ewigen Rächer, ich will es auch treffen! – Leiht ihr Geister des Abgrunds mir eure Rache! Ein Sterblicher hat euch zu Schanden gemacht; ihr seyd Knaben gegen ihn.

RUDOLPH bringt ein versiegeltes Paket. Ein Gerichtsdiener hat dies hier abgegeben. Siehst Faust schüchtern an, und eilt schnell wieder fort.

FAUST hält das Paket. Ich kenne dich; du bist ein zerrißner Faden der mich an die Seligkeit der Erde band. – Der Erde allein? – O weh! auch vielleicht des Himmels! Erbricht das Paket und liest; bald darauf ein Hohngelächter. Ha, ha, ha! – Da steht er, der Bettler! Der bestohlne, der niedergeschmetterte, der gebrandmarkte Bettler! – O wär ich so arm, als ich von Mutterleibe kam, ich wär ein König. Ich bin mehr als arm! Mein[100] Ausstattung in dies Leben ist mir gestohlen. – Das ist ein großer Diebstahl! – Weib, Kinder, Ehre, Brod, Frieden der Seele, alles ist hin; ich habe einen Tausch gemacht: Elend, Rachsucht, Verzweiflung, und unbefriedigte Liebe sind dagegen eingekehrt; ha, ha, ha! Ein herrlicher Tausch!


Quelle:
Benkowitz, Karl Friedrich: Die Jubelfeier der Hölle, oder Faust der jüngere. Berlin 1801, S. 100-101.
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