Dritte Verwandlung

[134] Eine gebirgige Gegend. Faust und Gog treten auf.


FAUST. Ewiger, Du bist furchtbar in Deinen[134] Gerichten! Noch starrt mir das Haar vor Entsetzen, noch erbebt meine Seele in ihren innersten Tiefen von der erlittenen Angst.

GOG. Es war Dein Wille; Du wolltest die Hölle sehen!

FAUST. O Grauen, o Entsetzen! Gog, ich will vergessen, was ich gesehen, was ich empfunden habe; ich will vergessen, wo ich gewesen bin! Reiche mir einen Becher aus dem Lethe, einen Becher der Vergessenheit! Eile, eile, Gog, wie Du je geeilt hast!

GOG zieht einen Becher hervor, und giebt ihn Faust. Nimm und trink Elender Wicht! Faust trinkt ihn gierig aus, und giebt ihn zurück. Dann sinkt er allmählig in Betäubung und Schlaf zur Erde, und liegt wie todt da. Gog erhebt ein Hohngelächter. Es wird die Zeit kommen, tollkühner Sünder, wo Dir kein Becher mehr gereicht werden wird! Berührt Faust, der sich sodann bewegt und allmählig zum Leben zurückkehrt.

FAUST steht auf. Wo bin ich?

GOG. Du bist in der Schweiz, und hast den Rheinfall gesehen; willst Du noch länger Dich an ihm ergötzen?

FAUST. Nein, ich will jetzt nichts sehen, was der Schöpfer gemacht hat. Auch die Werke der Menschen sind groß; die will ich betrachten. Führe[135] mich nach Rom, und zeige mir die Peterskirche.

GOG. Nach Rom? Da sind wir unter Tausenden von Menschen, da kann ich diese Gestalt nicht behalten.

FAUST. Nimm eine ardre an, verwandle Dich in einen Menschen.

GOG. Die menschliche Gestalt ist mir lästig.

FAUST. Aber ich will es, ich will in Rom seyn.

GOG. Komm, Unersättlicher! Führt ihn hinweg.

Quelle:
Benkowitz, Karl Friedrich: Die Jubelfeier der Hölle, oder Faust der jüngere. Berlin 1801, S. 134-136.
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