Vierte Verwandlung

[136] Platz vor der Peterskirche mit seiner Colonade, dem Obelisk, und den beiden Springbrunnen. Zur Rechten ist der Vatikan. Große Volksmenge. Auf dem Balkon an der Peterskirche erblickt man den Pabst unter seinen Cardinälen und Prälaten. Auf den Balkons an beiden Seiten sind andre Vornehme. Faust und Gog treten auf; der letzte in menschlicher Gestalt.


FAUST. Was bedeutet dies Gedränge, diese feierliche Versammlung, diese Stille unter so vielen?

GOG. Es ist Ostern, und wir sind in dem Augenblick angekommen, wo der Pabst den Seegen[136] sprechen will. Komm wieder hinweg, Faust, ich kann den Seegen nicht anhören.

FAUST. Aber ich will ihn hören.

GOG. Faust, ich bitte Dich um alles, was Dir hier und dort heilig ist, komm hinweg!

FAUST. Nein! Ich will den Seegen empfangen, und Du sollst ihn auch empfangen.

GOG- Das ist unmöglich! Ich muß fort von hier.

FAUST. Du sollst bleiben. Hält ihn bei dem Gewande. Wird hier Dein schwacher Fleck getroffen?

GOG. Ich beschwöre Dich bei der Hölle und allen ihren Teufeln, laß mich!


Einer von den Versammelten auf dem Seitenbalkon hält ein weißes Schnupftuch in die Höhe. In dem Augenblick erschallt entfernter Kanonendonner, Glockengeläute, und die versammelte Menge fällt auf die Knie, Faust mit ihr; aber Gog stürzt, wie vom Blitze getroffen zu Boden. Der Pabst erhebt feierlich die Hände und spricht den Seegen.

Als er vorüber ist erhebt sich die Menge; es entsteht Geräusch, Unterredung und Gewimmel unter einander. Die Balkons werden leer, und die Gegenwärtigen verlieren sich allmählig. Faust rüttelt an Gog, der sich nach und nach erhebt.


FAUST. Steh auf, der Seegen ist vorüber![137]

GOG. Ach, wo bin ich?

FAUST. Elender Teufel, kannst Du den Seegen eines Menschen nicht ertragen?

GOG. Martre mich nicht, Geisterquäler, und komm hinweg von hier!

FAUST. Ich will die Sixtinische Capelle sehen!

GOG. Du sollst befriedigt werden; komm nur hinweg von diesem Platze. Führt ihn weg.

Quelle:
Benkowitz, Karl Friedrich: Die Jubelfeier der Hölle, oder Faust der jüngere. Berlin 1801, S. 136-138.
Lizenz:
Kategorien: