Sechzehnter Auftritt.

[37] Agnes. Dann Bernhard.


AGNES steht vor dem Küchentisch und ist beschäftigt, mit einem Nudelmesser den Mehlteig auf dem Nudelbrett zu verschneiden. Es würde so viel verschleppt und ich wäre so zudringlich – das hat sie mir ins Gesicht gesagt, mir! Hätte ich ihr das wiederholen sollen, was ihr die ganze Stadt nachsagt.

BERNHARD nachdem er sich scheu umgesehen, schleicht er, von rechts durch die Seitentüre kommend, ängstlich durch die Küche, dann durch die Mitteltür rasch ab.

AGNES hört Bernhards Geräusch. Was ist denn das? Sie sieht Bernhard fortgehen. Da schleicht sich ja einer fort – er versteckt was. Sie öffnet die Mitteltür und sieht ihm nach. Ach so, Herr Bernhard! Ich glaubte schon, es wäre ein Dieb. Sie tritt zum Tisch und macht Nudeln. Aber jetzt zur Arbeit, sonst wird das Mittagsbrot nicht fertig. Kleine Pause. – Auf der Straße ertönt der Ruf: »Sand, Sand, kauft Sand! weißen Sand!« und wiederholt sich bis zum Auftreten Ferdinands. Ein recht lieber Mann der junge Schlicht. Immer so artig und freundlich zu mir – und doch sonst ein stolzer und gemessener Herr. Sie seufzt. Ach! Wie mag es nur meiner Mutter gehen! Sie stützt den Kopf auf die Hand. Wie schwach und elend war sie heut' früh, sie vermochte kaum mir die Hand zu reichen. Ein Leierkasten spielt das in der Partitur angegebene Lied. Ah, die Drehorgel! Die tröstende Poesie der Köchinnen. Ich will doch dem Mann was runter werfen! Sie nimmt einen Dreier aus der Tasche, wickelt ihn in Papier, steigt auf die Bank, öffnet das Fenster und will den dreier hinunterwerfen. In dem Augenblick tritt Ferdinand ein.


Quelle:
O.F. Berg und D[avid] Kalisch: Berlin, wie es weint und lacht. Leipzig [o.J.], S. 37-38.
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