Fünfter Auftritt.

[76] Brand. Karlchen.


BRAND betrunken. So. Ich danke dir mein Junge, daß du mich hierher geführt hast. Jetzt bin ich wieder auf meiner Schlafstelle – wär' ich's lieber nicht. So lange ich im Wirtshaus sitze und trinke, da gehts gut, da denk' ich an nichts. Seufzend. Das tut so wohl – aber wenn ich nach Hause komme, da werde ich gleich nüchtern. Da kommen denn wieder die Erinnerungen. Andere Leute lesen Romane, damit sie einschlafen, ich habe ein anderes Mittel. Er schenkt sich Branntwein ein und trinkt ihn aus, macht sich dann während der folgenden Reden seine Lagerstätte zurecht und legt sich darauf.

KARLCHEN. Pfui, schämen Sie sich, Herr Brand, so im Turkel.

BRAND. Wer sich heutzutage schämt, mein Sohn, der kommt zu nichts.

KARLCHEN. Sie wackeln ja hin und her –

BRAND. Das liegt in der Familie. Wir machen alle Fehltritte. Meine Tochter Er schaudert zusammen. brrr!

KARLCHEN. Die Leute sagen, Sie wären an dem Unglück Ihrer Tochter schuld – Sie hätten sie schlecht erzogen.

BRAND. Jawohl – ich bin 'n Spitzbubenvater; 'n schlechter Kerl, ein Lumpacivagabund, die ganze Welt ist – schlecht erzogen. Er trinkt.

KARLCHEN. Die Augen, die er macht! – Ich fürchte mich vor ihm. Gute Nacht! Er läuft durch die Mitte ab.


Quelle:
O.F. Berg und D[avid] Kalisch: Berlin, wie es weint und lacht. Leipzig [o.J.], S. 76.
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