62. Guter Hauskobold in Poppenweiler.

[48] Mündlich.


Zu Poppenweiler ist in einem Hause ein Kobold. Wie er aussieht, weiß man nicht; er kommt immer unsichtbar oder zur Zeit, in der ihn Niemand sieht. Tag und Nacht arbeitete er im Hause herum und that fast alle Dienstbotenarbeiten da. Kehrte die Stube, trug Holz und Wasser in die Küche; sehr gerne hütete er das Kind. Gingen die Eltern[48] fort, so sagte die Mutter, die Thürschnall in der Hand: »Gib auf's Kind acht und besorg das Hauswesen!« Beide konnten gehen, wo sie wollten, sie durften dem Kobold trauen, alles geschah recht. Wenn Nachts das Kind unruhig war, kam er und wiegte sogleich. Einmal wiegte er auch so stark, daß die Wiege überschlug und das Kind herausfiel. Es that nichts. Die Mutter schimpfte und schalt drauf los: deß freute sich der Geist und schlug ein überlautes Gelächter auf. Mal erzürnte man ihn auch wieder: just warf er alle Wasserkübel in der Küche herum, deßgleichen die Holzscheiter und lachte gewaltig dabei. Mal warf er mit dem Holz der Hausfrau die Füße fast ab. Im Holzstall und hinter dem Ofen hielt er sich besonders gern auf. Wünschte man etwas von ihm, so war er im Nu da.

Quelle:
Anton Birlinger/ M. R. Buck: Sagen, Märchen und Aberglauben. Freiburg im Breisgau 1861, S. 48-49.
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