5.

[342] Steht man am Andreas- oder Nikolaustage auf dem Kreuzwege, so kommt der Teufel Nachts und lehrt allerlei Künste293.

293

Conlin in dem merkwürdigen Buche: »der Christliche Weltweise Beweinet die Thorheit derer Andern Fünff und Zwantzig Närrinnen etc., anderer und lezter Theil,« Augsburg 1711 (Daniel Walder), kommt auch S. 90 an die »Aberglaubige Närrin«, wo es also heißt:

Wann manche nicht erwarten kan,

Was sie bekomm vor einen Mann,

Passt sie, was in der bössels Nacht

Der teuffel ihr vor Blendwerck macht;

Treibt auch der aberglauben vil,

Nur daß sie ihren vorwitz still.

S. 90 unter dem Kupfer.

S. 91: Dann es ist nur gar zu gewiß und wahr, wie der Hund ist voller Flöhe, voller Wellen der See, wie die Grotta Pharaonis ist voller Krotten, die Kuchen Assueri voller Brotten, wie Egypten ist voller Wand-Läuß, die Erdt voller Mühe und Fleiß, also ist das Weib voller Aberglauben, absonderlich was die Venus-Stücklein anbetrifft. O was für teuflische Aberglauben, was für verfluchte Ceremonien und schändlichste Mißbräuch gebrauchen nicht manche gaile Metzen, nur der Fleisch-Göttin aufzuwarthen, nur sich sattsam zu ergötzen und zu ersättigen mit dem Fleisch-Pengel, da, da müssen Aberglauben herfür. Ein abgedruckter Pfeil trachtet nicht also nach dem Zweck, ein freygeweltzter Stein nicht also nach dem Centrum, ein durstiger Hirsch nicht also nach dem Brunnquell, ein hungeriger Wolff ist nicht so begierig auf den Raub, als eine gaile Magd, ein unkeuscher Schleppsack begierig ist nach einem Mann, damit sie aber wissen möchten, wer ihr zukünfftiger Mann seyn werde, treiben sie die sündlichste Aberglauben, verteuflischte Narrheiten und Affterbossen; Was vor Herz-brechende Gebett und tieff gehollte Seuffzer diese Aberglaubige Närrinnen zu St. Andreas schicken, wann der Tag Andreä herankommet, solches ist zwar leider! im gantzen Teutschland bekanndt, kan aber doch kaum mit Worten genugsam ausgesprochen werden, dann weilen diese verfluchte gaile und aberglaubige Feginnen gantz kräfftiglich glauben und dafür halten, daß wann sie in der Nacht vor St. Andreas-Tag gemelten Heiligen nackend anruffen, so werde ihnen ganz gewiß ihr künftiger Liebster entweders wachend oder schlaffend in seiner Gestalt erscheinen, so knyen oder tretten sie gantz nackend und bloß (pfuy der Schandt!) in der Mitternacht vor ihr Bette, oder auch an einen andern Mann, daß kein Wunder wäre, der Lufft erbarmte sich über die arme Nympfen, und hilffe ihnen aus ihrer Noth: Bett-Brett ich tritt dich, sagen diese wilde garstige, abergläubige und nackende Bett-Schwestern, Heiliger Andreas ich bitt dich, du wollest mir lassen erscheinen den Herz-allerliebsten mein! wird er reich seyn, so laß mir ihn erscheinen mit einem Glaß Wein, ist es aber ein armer Mann, so laß ihn erscheinen mit einer Kofends-Kann! und andere dergleichen schöne durchdringende Schuß-Gebettlein mehr, worbey sie noch viel Hundert heisse Thränen vergiessen, den lieben heiligen Andream gleichsam darmit zu balsamiren, und seine Gunst zu gewinnen: Sie winden die Hände ineinander, daß die Haut möcht herabgehen, scheuen auch weder Frost noch ander Ungemach, und lassen sich an ihrem verfluchten Teuffels-Dienst nicht irren. O verdammter Aberglauben! O Aberglaubige Närrinnen! – S. 96: Was vor sündliche Narrheiten, Teufflische Possen und aberglaubische Lösel-Werck treiben nicht die Weibs-bilder, sonderbahr die ledige Menscher, diese gaile Fleisch-Katzen, in St. Thomas-Nacht? – (Conlin, Albert Josef, war Pfarrer zu Moning im Ries; seine Werke, von denen ich sieben Bände besitze, sind würdige Seitenstücke zu Abraham a S. Clara, mit dem er correspondirte.)

Quelle:
Anton Birlinger/ M. R. Buck: Sagen, Märchen und Aberglauben. Freiburg im Breisgau 1861, S. 342.
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