623. Wie Ellwangen entstanden.

[394] Mündlich.


Am Hofe Karls des Großen lebten zwei Ritter, die Brüder waren. Mal jagten sie in der Ellwanger Gegend[395] einen großmächtigen Elch, dessen Geweih so ungeheuer groß war, daß man bequem zwischen hinein stehen konnte. Der[396] eine Bruder, Hariolph geheißen, sah den Elch auf einem Berge, der noch darnach genannt werden soll. Bald verschwand das Thier wieder, und diesen Platz nannte man »Elchverschwinden«, jezt Elberschwenden, zum Unterschied von »Ellenberg«, wo es sich zuerst sehen ließ. Auf dem Virngrunde, wo jezt Ellwangen steht, erlegte Ritter Hariolph den Elch und war ganz ermattet und müde wegen der Jagd. Wie er ausruhete und im Schlaf lag, hörte er ein Glöcklein wundersam feine Töne läuten. Er that es seinem Bruder kund, als er zum dritten Male läuten hörte, und doch kein Kirchlein weit und breit war, däuchte ihm dieses eine höhere Weisung, und beide Brüder gründeten eine Zelle da, wo noch der St. Benediktus-Altar steht. Die Zelle wurde immer bedeutender, und bald waren Aebte hier zu treffen. – Die Scene von der Elchjagd Ritter Hariolphs ist in eine Thüre hinter dem Hauptaltar in der Stiftskirche in Eisen gegossen. Auch sonstige Malereien soll es davon gegeben[397] haben. Die Sage ist, wie nicht gleich eine andere, so volksthümlich im Virngrunde321.

321

»Elchenwang« kommt schon in Urkunden v. 814. 823 vor. Wirtemb. Urkdbch. I. 79. 100. Vgl. hierüber »Tscherning«, Beiträge S. 55. Der † Prof. J.A. Braun hat in seinen Beiträgen zur Geschichte Ellwangens S. 8 ff. unsere Tradition besonders berücksichtigt. Vgl. die Anmerkung zu Nr. 623 hinten. A. Werfer und ein Ellwanger Anonymus haben, dieser im Blatte für den Jaxtkreis 1831, jener in seinen Gedichten, die Sage poetisch behandelt.

Quelle:
Anton Birlinger/ M. R. Buck: Sagen, Märchen und Aberglauben. Freiburg im Breisgau 1861, S. 394-398.
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