241. Der schwarze Mann.

[224] In Bettringen besteht die Sitte, daß vor die Fenster desjenigen Hauses, worin eine Frau öfters auf brutale und ungerechte Weise von ihrem Mann misshandelt wird, ein verkleideter Mann kommt, der an die Thüre oder an das Fenster klopft und sagt: »Wenn du nicht nachlässest,[224] dein Weib zu misshandeln, so kommt der schwarze Mann.« Wird diese Warnung, die nur in wenigen Fällen wiederholt wird, nicht befolgt, so kommt der schwarze Mann wirklich: sein Gesicht ist geschwärzt und er dadurch unkenntlich gemacht. Kommt er in das Haus des händelsüchtigen und meist auch betrunkenen Mannes, so packt er diesen vorerst an der Gurgel und würgt ihn rechtschaffen, hernach prügelt er ihn tüchtig durch. Ist diß geschehen, so geht der schwarze Mann wieder seines Weges, jedoch mit der Bemerkung: »So, wenn dies nichts nuzt, wenn du von jezt an nicht gut thust, so komme ich bald wieder. Merke diß!« Daß der schwarze Mann im Orte bekannt ist und an Körperstärke dem überlegen sein muß, der durchgebläüt werden soll, versteht sich von selbst.

Quelle:
Birlinger, Anton: Sitten und Gebräuche. Freiburg im Breisgau 1862, S. 224-225.
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