8. Benediction des Brautbettes, sowie des Hauses.

[334] Eines der vielen Zeichen, das die tiefe religiöse Anschauung des unverdorbenen oberschwäbischen Bauernvolkes bekundet, ist das traditionelle Festhalten an Segnungen und Weihungen, überhaupt an den Sakramentalien. Kein junges Ehepaar bezog die neue Wohnung, noch betrat es das Brautbett, wenn nicht der Pfarrer es gesegnet hatte. Die Kirche ist zwar allezeit bereit, diese Wünsche wo möglich zu erfüllen, allein vielfache Mißverhältnisse, die auch im Landvolke eingreifen, lassen doch immer wünschen, daß mit Klugheit den Forderungen des Volkes Gewähr geleistet werde.

Sonntags vor der Hochzeit ist des künftigen Ehepaares Haus festlich geschmückt und gereinigt. Alles Notwendige[334] ist blank aufgestellt und hergerichtet, was in's Haus gehört. Die Hochzeitbetten, Schuhe, Stiefel darunter, stehen aufgepuzt da. Kurz, es ist Alles in höchster Festlichkeit zu sehen. Nach der Vesper nimmt der Pfarrer die Benediction des Hauses, seiner Gemächer, der Betten und Gerätschaften vor. In einzelnen Gegenden hält man so fest an diesem religiösen Akt, daß ohne ihn kein Theil des Ehepaares auch nur einziehen würde.

Quelle:
Birlinger, Anton: Sitten und Gebräuche. Freiburg im Breisgau 1862, S. 334-335.
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