Schwesterngesundheit, am Namensfeste der Schwester Theresia von S***s

[273] Aus unser'm Schwestern-gremio

Hab' ich euch Brüder, heute zwo

Theresen aufzuführen,

Die beide den verdienten Lohn

Und die Canonisation

Von uns heut' prätendiren.


Doch weil, zumal zu dieser Frist,

Das Pulver allzutheuer ist,

Das wir dabei verschiessen,

So dächt' ich, 's beste wär', wenn wir

Sie nach der heutigen Manier

D'rum konkurriren liessen.


Die eine dieser Schwestern griff

Nach einer Martyrkron', und lief

Bis hin zum Maurenschwarme:[273]

Die and're, nicht so heilig, floh

Mit ihrem Jungferkränzchen froh

In eines Maurers Arme.


Die eine hat als Weib sogar

Der ganzen Carmeliterschaar

Die Hosen weggenommen;

Allein der Mann der anderen

Ist um die seinen, wie wir seh'n,

Bis dato nicht gekommen.


Die eine ließ in dieser Welt,

Wie die Legende uns erzählt,

Von ihrem Mann sich krönen:

Die and're wünscht sich so was nicht,

Und hält's vielmehr für ihre Pflicht,

Den ihren nicht zu krönen.


Die eine trägt Jahr aus Jahr ein

Am Kopfe einen lichten Schein,

Viel grösser als ein Teller;

Doch bei der andern, welche nicht

Von aussen leuchtet, ist das Licht

Im Kopfe desto heller.


Die eine sieht man nun zum Lohn

Auf Bildern und Altären schon

Als Heil'ge figuriren;

Die and're aber wollen wir

Mit unseren Kanonen hier

Nun auch canonisiren.

Quelle:
Aloys Blumauer: Sämmtliche Gedichte. München 1830, S. 273-274.
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