Kund und zu wissen allen,

denen zu wissen nötig!

– sondern nach den trefflichen Gesinnungen des Schicksals für das Wohl derer, die von seinen Schlägen, Ritterschlägen, sollen getroffen werden, ist ohnlängst die Erde und das Leben, deren zeitherigem Mietsmann, dem Menschen, aufgekündigt worden, weil er selbige ganz in Verfall kommen lassen, man ihn auch darüber ertappt, daß er das Brot auf die runde Seite gelegt, das Licht mit den Fingern geputzt, und die Schuhe mit der Kleiderbürste abgekehrt, und dergleichen Menschlichkeiten mehr. Er wurde in den Schaden und in das böse Beispiel condemniert, seine sämtliche Gerätschaft, bestehend in einigen unbrauchbaren Phantasien, mehreren alten fabelhaften Geschichten, abgeschmackten Vorurteilen, Vaterlandsliebe, und einer ungedruckten Bibel, die kein Manuskript war, etc., öffentlich an den Meistbietenden versteigert; da aber zu wenig herausgekommen, hat man sich an mehreren Bäumen, die er selbst gezogen, erholt, sie forstmäßig geschlagen und veräußert. Da nun Erde und Leben wieder aufgescheuert und geschmackvoll angetüncht, das Dach repariert und ein verschlossenes heimliches Gemach angebracht worden, ist es unter dem neuen Schilde Land und Staat an einen namens Bürger in Erbpacht, unter vorteilhaften Bedingungen, überlassen worden, welcher die Back- und Braugerechtigkeit erhalten, einen guten Quittenschnaps und Firnewein verzapft und seinen verehrten Gönnern prompte und billige Bedienung verspricht. Dieser neue Mietsmann nun hat seine Wirtschaft mit folgender edeln Handlung eröffnet: Da einige Propheten, weise Meister, Philosophen, Schwärmer, Dichter, Musiker, Maler und Künstler obige Armseligkeiten des Menschen an sich gekauft, und diesem der Stuhl vor die Türe gesetzt werden sollte, war nicht nur kein Stuhl, sondern auch keine Türe vorhanden; der edle Bürger ließ daher auf eigne Unkosten aus den erstandenen Bäumen einige Stühle und eine Türe machen, setzte die ersten vor die letzte, bat den Menschen, sich bei ihm häuslich niederzulassen, und das, was das Haus vermag, vor Liebe zu nehmen, auch versprach er ihm, die Haut über die Ohren zu ziehen und bei ihm selbst gerben zu lassen. Dieser aber wollte nicht sitzen und bat sich nur einen[875] Stein aus, sein Haupt darauf zu legen; der Bürger sah den Stein an, er war ihm nicht brauchbar, und überließ ihm dem Toren, nachdem er zuvor alle seine alten Nägel gerade darauf geklopft. Dieser lief nun mit dem Steine davon, und es wird gesagt, der Stein sei der Stein der Weisen gewesen, und der Mensch habe sich mit demselben zu den obgenannten obskuren Käufern seiner andern Habseligkeiten gestellt und treibe mit ihnen sein Wesen seit ewigen Zeiten in jeder neuen Kunst und Poesie, und heutzutage wieder; der edle Bürger glaubt aber nicht an solche Vorurteile, und überließ es lange den trefflichen Anstalten des verblichenen allgemeinen deutschen Bibliothekars und dessen entwichenen freimütigen Erben, vor jenen Toren zu warnen. Sind nun auch beide leider von jenem Gezüchte überlebt worden, so dürfen wir doch nicht verzweifeln, daß der ungeschickte Baum, den auszurotten bis jetzt alle Forstbeile ermüdeten, der in der Erde wurzelt und den Himmel trägt, und in dessen unendlichem Gezweige sich jene losen Vögel, Zifferfeinde und Ungeziefer eingenistelt, mit seinem dumpfen mystischen Schatten uns die Sonne gänzlich entziehen und die Quartiere in Land und Staat ungesund und unbequem machen möge, denn es ist noch ein Gott da, der alle Morgen ein Blatt fallen läßt, damit ein Strahl nachfalle, und so werden wir nächstens jenes Gesindel schußrecht bekommen, in den Baum werden sodann einige geblendete und getäubte privilegierte Singevögel nach der besten Klassifikation in geschmackvollen Käfigten klassisch aufgehängt werden; die Nachtigallen aber können des verbotenen Einfangens wegen nicht in Person geliefert werden, doch werden ihre Werke auf Pränumeration nicht allein in Druck und Papier, sondern auch in Druckpapier zu haben sein. Statt lebendiger Nachtigallen wird, sobald der Baum etwas gereinigt und ihm das fatale Nachwachsen abgewöhnt worden, eine Kompagnie getaufter Juden hineingesetzt und gehängt werden, welche die Nachtigallen perfekt nachmachen können. Zu solchem Vogelschießen läßt eine löbliche Schützengesellschaft, mit Erbietung alles billigen Pläsirs, Herren und Damen höflich einladen. Hunde mitzubringen ist erlaubt. – Zugleich fordert der nunmehrige Erbpächter, der die ehemalige Welt und das Leben mit so vielen Unkosten in ein kommodes Land und Staat hat[876] umarbeiten lassen, alle, die von ungefähr noch Menschen sein sollten, auf, sich binnen sächsischer Frist zu melden, ein Selbstbekenntnis über ihren Charakter und ihre Grundsätze abzulegen, und der Gesellschaft der Menschen gänzlich zu entsagen, wenn sie ferner in der Anstalt wollen geduldet werden.


Land- und Staats-Adreß-Industrie- und bürgerliche Schützengesellschaft, zu erfragen in des verschollenen landräumig gewordenen Menschen ehemaliger Behausung.


Nachdem ich obiges Plakat gelesen hatte, raffte ich, der Uhrmacher BOGS, sogleich meine wenigen Grundsätze zusammen, um solche der Schützengesellschaft treuherzig vorzulegen, und um eine gütige Aufnahme in die bürgerliche Gesellschaft anzusuchen.

Quelle:
Clemens Brentano: Werke. Band 2, München [1963–1968], S. 875-877.
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