17. Der kluge Bauer.

[36] Eines schönen Tages pflügte ein Bauer seinen Acker, welcher an einem Bache lag, und als er eben wieder wenden wollte, hörte er, daß in dem Bache etwas knurrte und plätscherte. Wie er nun näher hinzutrat, so sah er, daß[36] es ein Fuchs und ein Hecht waren, die hatten einer den andern halb eingeschluckt. »Ei,« dachte der Bauer, »das ist doch lustig; das wäre ein Spaß für den König; wenn du die zwei so zum König brächtest, so würde er dir gewiß ein gutes Trinkgeld geben.« Der Bauer, der kein Dummer war, fing sich den Fuchs und den Hecht, steckte sie in einen Sack und brachte sie, weil sie nicht von einander loskommen konnten, in dieser drolligen Lage zu des Königs Schloß. »Wohin?« rief die Schildwache, welche den Bauern in seinem schlechten Zeuge nicht durchlassen wollte. »Ich will dem König einen Fuchs und einen Hecht bringen, die haben sich einander halb eingeschluckt.« »Wenn das ist,« sagte die Schildwache, »so geh nur hinein, da wird dir der König gewiß ein gutes Trinkgeld geben; aber gieb mir auch was ab.« »Recht gern,« antwortete der Bauer, »du sollst die Hälfte abhaben.« Wie er nun weiter ging, so stand da noch eine Schildwache, die wollte ihn auch nicht durchlassen; als er ihr aber die Hälfte seines Trinkgeldes versprach, ließ sie ihn hineingehen.

Der König saß gerade mit seinen Herren und Damen zu Tische; der Bauer klopfte an und der König rief herein! Da ging der Bauer in die Stube, that sein Sack auf und sagte, »daß er ihm da wohl einen Fuchs und einen Hecht bringen wollte, die hätten sich halb eingeschluckt.« So was hatte nun der König in seinem Leben noch nicht gesehen, und auch alle die Hofleute nicht, darum mußten sie herzlich darüber lachen. »Hier, Bauer,« sagte der König, und schenkte ihm ein Glas Wein ein, »hier trinke Er erst mal, denn der Weg ist Ihm doch gewiß sauer geworden.« »Mit Verlaub, Herr König,« antwortete der Bauer; »von den Beestern da sind mir die Hände so naß und dreckig geworden, daß ich mich wohl erst ein bischen abtrocknen möchte.« Da rief der König gleich eins von den jungen Hoffräulein und sagte: »He! Jungfer! Hole sie doch dem Manne mal ein Handtuch; sie weiß ja wohl, in meiner Kammer gleich rechts hinter der Thür, da hängt eins am Haken.« Sogleich ist das Fräulein hingelaufen, und als sie wiederkam, hatte sie das Handtuch über die Schulter gehängt; da faßte der Bauer den einen Zipfel, trocknete seine Hände daran ab und trank das Glas Wein aus, was ihm der König eingeschenkt hatte.

»Mein lieber Freund,« sprach nun der König, »mit den beiden Thieren hat er mir ein großes Vergnügen gemacht; nun bitte er sich auch eine Gnade aus.« »Wenn Ihr mir was schenken wollt, Herr König,« antwortete der Bauer, »so gebt mir hundert Stockprügel.« »Gut,« sprach lachend der König »wenn's weiter nichts ist, die sollen ihm gleich ausbezahlt werden.« »Mit Verlaub,« sagte der Bauer; »ich darf sie nicht mehr annehmen, denn vorhin habe ich sie schon an Eure beiden Schildwachen verschenkt, die da unten im Hofe stehen.« Über diesen Einfall des Bauern mußte der König herzlich lachen und sprach: »Er ist ein drolliger Gesell, das muß ich sagen, darum bitte er[37] sich noch eine andere Gnade aus, sie soll ihm gewährt sein.« »Nun,« sagte der Bauer, »so schenkt mir den Nagel, an welchem das Handtuch gehängt hat, worin ich mich vorhin abgetrocknet habe.« »Die Bitte soll dir gewährt sein,« sprach der König. Da faßte der Bauer das junge Hoffräulein bei der Hand, über dessen Schulter das Handtuch gehängt hatte, und sagte: »Seht, Herr König, dies ist der Nagel, woran vorhin das Handtuch hing, die soll meine Frau werden.«

Weil sich nun das Fräulein gewaltig sträubte und den Bauern nicht haben wollte, so machte ihn der König, um sein Wort zu halten, zu einem Edelmann; da nahm sie ihn.

Quelle:
Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. München 1910, S. 36-38.
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