35.

[130] Eine Frau, die von Münchehagen nach der Horst ging, fand im Bruche einen kupfernen Kessel. Nachdem sie sich nach allen Seiten umgesehen hatte, nahm sie den Kessel mit. Am andern Morgen kriegte sie ihn aufs Feuer und heizte tüchtig unter, um für die Schweine was zu kochen. Sie ging eben mal hinaus, und als sie wieder kam, saß da der alte verstorbene Feldscher auf dem Kessel, mit weißer Zipfelmütze, im Schlafrock und rauchte ganz gemüthlich seine lange thönerne Pfeife. Die Frau aber hat einen schönen Schrecken gekriegt, und nur mit großer Noth haben die Leute den Kerl wieder aus dem Hause und in seinem Kessel wieder in das Bruch bringen und bannen können. –

Der alte Feldscher soll aus Wiedensahl gewesen sein; er spukte noch lange nach seinem Tode und wurde auf einem Wagen in das Bruch gefahren, nachdem man ihn in den Kessel gebannt hatte. Da, wo der Wagen durch eine Hecke fuhr, wächst auch heute noch nichts Grünes.

Quelle:
Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. München 1910, S. 130.
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