7.

[148] Es wohnt ein Markgraf an dem Rhein,

Der hat drei schöne Töchterlein.

Die ersten beiden heirathen früh,

Die dritte hat's mit Sorg und Müh.

Sie kam vor ihrer Schwester Thür,

Ach, braucht ihr keine Dienstmagd hier?

Ach, Mädchen, du bist hübsch und fein,

Du liebst ja nur den Herrn allein.

Ach nein! Ach nein! Das thu ich nicht,

Ich will erfüllen meine Pflicht.[148]

Sie miethet das Mädchen auf ein Jahr,

Das Mädchen dient ihr sieben Jahr.

Und als die sieben Jahr rummer waren,

Da war das Mädchen schwach und krank.

Sag, Mädchen, wenn du krank willst sein,

Sag, welches deine Eltern sein?

Mein Vater ist Markgraf am Rhein,

Ich bin sein jüngstes Töchterlein.

Ach nein, mein Kind, das glaub ich nicht,

Daß du meine jüngste Schwester bist.

Und so du das nicht glauben willst,

So geh nach meiner Kiste hin,

Darin wird es geschrieben stehn,

Du kannst es mit deinen Augen sehn.

Und als sie vor die Kiste kam,

Da wurden ihr die Wangen naß,

Da fing sie an zu weinen.

Ach, bring mir Bier, ach bring mir Wein!

Dies ist mein jüngstes Schwesterlein.

Ach, Schwester, hättest du es eher gesagt,

Die königlichen Kleider hättest du sollen tragen.

Quelle:
Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. München 1910, S. 148-149.
Lizenz:
Ausgewählte Ausgaben von
Ut ôler welt
Ut ôler Welt
Ut ôler welt
Ut oler Welt: Volksmaerchen, Sagen, Volkslieder und Reime
Ut ôler Welt: Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime
Ut oler Welt: Volksmaerchen, Sagen, Volkslieder und Reime