21.

[159] Der wohlbekannten

Herzlieb genannten,

Schön und fein,

Zart und rein,

Der Wohlgestalten und Frommen

Soll dieser Brief zu Ehren kommen.

Und wenn es dir geht glücklich und wohl,

So ist mein Herz aller Freuden voll

Und nimmt sich die Feder, Tint und Papier

Und schreibt nach meines Herzens Begier

Und schreibt ein kleines Briefelein

Zu der Herzallerliebsten mein.

Und schreibt mir einen freundlichen Gruß

Vom Haupte an bis an den Fuß.

Du liegst mir in meinem Herzen begraben,

Geschrieben mit sechs goldenen Buchstaben.

Die erste heißt Lieb,

Die zweite zart,

Die dritte, die mich geboren.

Die vierte, die war silberschön,

Ach könnte ich dich täglich sehn.

Die fünfte, die war hübsch und fein,

Ach könnt ich immer bei dir sein.

Die sechste, die war von Sammt und Seiden,

Die müssen andere Junggesellen meiden,

Und mein Herzallerliebster bleiben.

Dann wünsche ich dir so viel Glück,

So mancher Stern am Himmel blinkt,

So viel als Korn wird eingesät,

So viel als Gras wird abgemäht,

Und so lang sollst du meine bleiben,

Bis ein Löwe in Kasten fliegt,

Bis eine Mücke ein Fuder Wein wegzieht,

Bis ein Licht die Sonne anzündt,

Bis ein Mühlstein schwimmt über den Rhein,

So lang sollst du meine Liebste sein.

Quelle:
Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. München 1910, S. 159.
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