Hermann von Salzas Aufruf zur Kreuzfahrt

[520] Nicht fürder fern im Palmenlande

Verschwendet edle, deutsche Kraft,

Wo in der Wüste Wirbelsande

Nicht Schwert, nicht Pflug sich Heimat schafft.


Lang hielten Wacht wir träumend weiland

Am heil'gen Grab mit treuem Speer: –

Wir fanden's endlich aus: der Heiland

Braucht keinen Schutz: sein Grab ist leer! –


Nein, wer begehrt nach Heidenstreichen,

Wer nach des Pfluges ed'lerm Streit: –

Ein Schlacht- und Brachfeld ohnegleichen

Liegt nah' der Heimat ihm bereit.


Wo jetzt die Nogat und der Pregel

Durch herrenlose Sümpfe schleicht,

Wo kaum im Haff, vor selt'nem Segel,

Der Möwen zahllos Volk entweicht,
[520]

Wo des Perkunos Steine ragen,

Von Urwaldfichten schwarz umsäumt,

Wo wilde Steppenhengste jagen

Und im Gestrüpp der Rohrwolf heult –


Dort, statt am Jordan zu vergeuden

Des Ritters Mut, des Bauers Kraft,

Dort sollt ihr fechten, bau'n und reuden

Mit Axt und Grabscheit, Schwert und Schaft.


Auf! rasche Franken, zähe Sachsen,

Ihr Schwaben klug, ihr Bayern stark:

Gen Preußenland! aus Sumpf erwachsen

Soll Deutschland eine neue Mark.


Gen Preußenland! brecht, stet im Siegen,

Mit Schwert und Pflug die Wege klar

Und hoch ob euren Häuptern fliegen

Prophetisch soll des Reiches Aar.

Quelle:
Felix Dahn: Gesammelte Werke. Band 5: Gedichte und Balladen, Leipzig 1912, S. 520-521.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Balladen
Balladen Und Lieder (German Edition)