5.

[176] Umsonst! Es nimmt das reine Element

Den Leib nicht auf, der sich mit Schuld beladen,

Das Mal, das mir auf Stirn und Achseln brennt,

Wäscht keine ab der kosenden Najaden.


Zu ihrem Sklaven prägte mich die Welt,

Ich naschte von der Frucht der Hesperiden,

Nun scheucht mich's fort, wo's eben noch mich hält,

Selbst Meer und Eiland geben keinen Frieden.


Gern hätt' ich meinen Stab hier eingepflanzt,

Zu sehen, ob der dürre grünt' und trüge,

Im roten Wasser lustig mitgetanzt

Und mich zur Ruh' gesetzt und zur Genüge.
[176]

Es soll nicht sein, die Welle stößt mich aus,

Der Felsen will den Gleitenden nicht tragen, –

So leb denn wohl, du räuchrig Fischerhaus,

Das mich geborgen hat in stillen Tagen!


Leb wohl, der Helga grün-rot-weißes Land,

Gott schütze dich, und englische Gesetze!

Daß nie der Seehund mangle deinem Strand,

Nie Schell- und Stockfisch deiner Söhne Netze!


Reich mir noch eins den Mund zum Kusse her,

Schön-Ännchen, morgen küßt er andre Jungen;

Dann denk an mich, wenn nicht das weite Meer,

Das rächende, zur Heimkehr mich verschlungen!

Quelle:
Franz von Dingelstedt: Lieder eines kosmopolitischen Nachtwächters, Tübingen 1978, S. 176-177.
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