Sihe für dich Trew ist mißlich.

[357] Ein schimpffliche Fabel leert eben das: Ein vnweiser Esel lag todtkranck / schickt nach eim Wolff vnd Fuchs / als nach zweyen ärtzten / die solten jm in seim wee helffen vnd rathen / Sie kamen bald mit grosser liebe vnnd andacht / so sie zum esel hetten /fragten seinen gebrechen / Er sagt: Er acht / die schwere bürde so er sein tag getragen / hetten jm die lenden abtruckt / vnd etwas in jm zerrissen. Sie sahen den brunnen an / rieten jm / er solt wie er möcht / mit jn ghen wald schleichen / da wüßten sie gar gůtt kreuter vnd wurtz / jm zuhelffen / daß er keinn sack mehr dörfft tragen. Er folget thörlich jrem rath / sie zerrissen jhn / vnd halffen jm des sacktragens ab.

Die Fabel vnd Sprichwörter alle leeren /[357] die welt sei voll lügen vnnd vntrew / wie die schrifft / Mich. 7. Hiere. 5. 9. Ose. 4. vnd an vil orten im Psalter wirt zeuget / daß die menschē kinder so glatte wort schleiffen / die ja glätter seind / dann öl vnd butter / sind aber im grund spieß vnd schwerdter / Katzen die vornen leecken / vnn hinden kratzen / Die einn vornen anlachen / vnn zuruck verkauffen. Niemand trauwen /ist am sichersten / dann der mann wirt võ seim weib /das kind von seim eygen vatter geleycht / vnd wirfft ie einer den andern übers seyl / Wer baß mag / der thůt baß. Wann man dir nun das feur beut / so meyn du wasser / vnd verstehe die welt allweg letz / Dan art laßt võ art nit.

Nun ist der natürlich seelisch mensch Adam vnd alle Adams kinder / von natur entwicht / böß / betrogen / lugenhafftig / der das eitel liebet / vnd lugen sůcht / Psal. 5. 62. 4. Esdre 3. 4. vnd an vil orten / Ob du nun wenen wilt / so er dir gůte wort gibt / er hab sich verkert / vnd sei auß eim feind ein freund worden / so sůcht er das sein / vnd wil dich / wie den esel /mit seinn gůten worten inn wald auff sein ort bringē /da můstus dann mit der haut zalen / blůt oder gelt geben. Dann wie etwa der Fuchs sein haut / vnn d' Wolff sein har verkert / so verkert er doch sein můt vnd art nit / Art laßt von art nit. Der Wolff endert wol sein haut / der Münch sein kutt / aber nit seinn můt. Der Fuchs bleibt inn vnn ausser der kut ein Fuchs /das ist / falsch / vntrew / voll kist / etc.

Das haben die alten alles erfaren. Von der vntrew vnn hinderlist der menschen / seind alle bücher voll. Daß man spricht: Traw / sihe wem. Sihe für dich /trew ist mißlich. Lacht man dich an / ker dich nit dran. Die stirn leugt vnd treugt. Das angesicht ist ein falscher wicht. Traw keim / du habest dann ein scheiben saltz mit jm gessen. Wer leicht glaubt / der wirt leicht betawbt. Es geht in der welt lauff nit anders durchauß / dann daß man einander das hälmlin durchs maul zeucht / das süß vmb die ohrn / vnd den falben hengst streicht / Ein ströwin bart flechtet / Inns gemalte stüblin füret / Ein maul macht / Vbers seyl wirfft / Tantzt vnd finantzt / Wer das am besten kan /ist der best / Der bösest der best.

Ein andere Fabel.

Ein Fuchs verkündet den Hennen vnn Hanen auff eim baum einn ewigen frid / der da were angestellt mit allen thieren / Also / dz hinfür Wolff vnd Schaaff / Fuchs vnnd Hüner / einn ewigen frid / freundtschafft vnd bündtniß mit einander haben solten / Hette damit gern die hennen vom baum geschwerzt. Aber der Han sagt: Das hör ich gern / reckt damit den kopff auff /Der Fuchs sagt: Was sihest du? Er sagt: Ich sihe einn jäger mit hunden von ferrem. Der Fuchs sprach: Da bleib ich nit / Antwort der Han: Harr / so wöllen wir auch zů dir hinab / so wir sehen / daß die hund mit dir frid haben / Er antwort: Ey / er möcht[358] jn noch nit verkündet sein / ich far dahin. Also gehts / das ist der welt lauff / einn von eim polster schwetzen / vnnd sich drauff setzen. Also schwetzt ie einer dem andern sein nuß võ seim baum / vnd handtiert ie einer dem andern mie gar süssen prächtigen worten vnnd glattem schnabel / das gelt auß der täschen.

Darumm hat die natur dem menschen zwey ohrn angesetzt / vnd allein einn mund vnd ein hertz geben /daß er vil vnnd beide parthhören soll / wenig aber reden vnd glauben. Item die ohrn stehn allzeit offen /die zung aber vnd das hertz / beschlossen. Daß man vil hören sol / wenig aber reden vnd glauben. Nach den sprich wörtern: Hör vil / red wenig / traw noch weniger. Höre / biß nicht tawb / doch langsam glaub. Dein glaub sei tawb / glaub nicht on prob.

Daß man aber wenig reden / vnd die zungen meystern soll / leert auch die natur / die die zungen mit dem munde beschlossen / vnnd der gurgeln ein zäpfflin oder thürlin fürgesetzt / darzů der zungen neben dem reden den geschmack geben / daß sie alle rede vor soll schmecken vnd eintrucken / daß die stimm mit rath verfaßt / nit ein lehr öd gedön sei / vnnd zů seiner zeit an rechter statt / zun ohren herfür bracht. Dann die den athem schleiffen / vnd den wind verkauffen / den wirts gehn wie die geschrifft zeugt: Sie werden wind sehwen / vnn winds braut erndten. Item vil wort gehn nit on sünd ab / spricht der weise. In multiloquio non deerit peccatum. Dauon anderßwo überflüssig. Es ist auch nichts hinder vilem geschrey. Ein stim vnnd gedön bleibt es / sonst nichts / Wie der Wolff zur Nachtgallen sagt. Vil geschrey vnnd wenig woll / sprach jhener schäffer / da schare er ein Saw. Der mit grossem geschrey seinn nächsten benedeiet /ist eim flůchenden gleich / sagt die schrifft.

Es begegnet eim Esel vnd Löwen / so mit einander durch einn wald zogen ein hauffen Wolff / Als jrer der Esel võ ferrem warname / fieng er an was er mocht zurüchlen / der meynung / die Wolff mit seiner grausamen stim abzuschrecken. Die Wolff lachten / vnd hengeten erst der stimm nach. Als sie nun des stillen Löwens warnamen / zogen sie vorm hag ab. Der Löw fragte den Esel die vrsach seines schreiens / Er antwort: Die wölff abzuschrecken / das mich doch nit geholffen / sonder erst als sie dich gerochen / vor dem wald seind abzogen / des ich mich verwunder. Der Löw lachet vnnd sprach: Weystu nit daß der Wolff ein listiger schalck ist / groß geschrey veracht / aber gwalt förcht er. Der hund bellen hat er gewont / vnd vil donderknäll seintag gehört / aber vor dem stral förcht er sich. Lehre fässer geben grossen thon / Wo nit vil kunst vnnd hertz ist / da ist vil geschreys vnnd hoch erbrüstens. Vil geschrey / nicht darhinder.

Derhalb soll man nit leicht glauben / dann[359] leichte leut glauben leicht / so lernen diß alle historien / was jamer es hat bracht an leib vnnd seel / leicht glauben /Das hat vil vnschuldig vmb den hals bracht / vil falscher verheyl geden / das hat allen falschen leeren einn eingāg gemacht / vnnd verderbt noch heut die gantze welt an leib vnd seel. Das ein ohr soll allweg des abwesenden antwort behalten werden / vnnd ist /als das heilig Euangelium / ein zeug kein zeug / Eins manns rede ist ein halbe red / Man soll die part verhören bed. Item es kan niemand von jm selbs zeugen / In seinn eygen sachen Richter oder zeug sein / Dann es gibt jm auß angeborner eygner liebe iedermā selbs recht / vnd gewunnen. Derwegen sagt auch Christus: Ich zeug nicht võ mir selber / etc. Die kuntschafft vnd zeugniß / darauff der sententz soll gehn / soll lauter /warhafftig / vnd gewiß sein / vnd der glaub ein wissen / kein wohn sein.

Quelle:
Egenolff, Christian: Sprichwörter / Schöne / Weise Klugredenn. Darinnen Teutscher vnd anderer Spraach-en Höfflichkeit [...] In Etliche Tausent zusamen bracht, Frankfurt/Main 1552. [Nachdruck Berlin 1968], S. 357-360.
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