An eine Tänzerin

[209] Kastagnetten lustig schwingen

Seh ich dich, du zierlich Kind!

Mit der Locken schwarzen Ringen

Spielt der sommerlaue Wind.

Künstlich regst du schöne Glieder,

Glühend-wild,

Zärtlich-mild

Tauchest in Musik du nieder

Und die Woge hebt dich wieder.


Warum sind so blaß die Wangen,

Dunkelfeucht der Augen Glanz,

Und ein heimliches Verlangen

Schimmert glühend durch den Tanz?

Schalkhaft lockend schaust du nieder,

Liebesnacht

Süß erwacht,

Wollüstig erklingen Lieder –

Schlag nicht so die Augen nieder!


Wecke nicht die Zauberlieder

In der dunklen Tiefe Schoß,

Selbst verzaubert sinkst du nieder,

Und sie lassen dich nicht los.

Tödlich schlingt sich um die Glieder

Sündlich Glühn,

Und verblühn

Müssen Schönheit, Tanz und Lieder,

Ach, ich kenne dich nicht wieder!


Quelle:
Joseph von Eichendorff: Werke., Bd. 1, München 1970 ff., S. 209.
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