An die Mutter in Seattle

[31] Weit übers Meer her schlägt mir, Mutter,

Dein Herz entgegen –

Wie müssen alle Weiten sich bewegen

Vor deinen Herzenswellen.


Dir strömt, immer kindlich und gut,

Mein Blut wie am Anfang –

Immer wie einst rinnt

Durch mich der ewige Klang,

Dein Muttergesang:

Du, mein Kind!


Schon hebt sich, langsam wandelnd,

Die Stunde, die starker Rührung voll,

Uns wieder zueinander bringen soll!

Schon zittert Freude durch die Weiten –

Schon fühle ich dein Herz herüber gleiten,

Mutter –


Bald kommt der Augenblick

Voll wunderbarer Strömung,

Da ich, ein Kindlein, Mutter,

Wieder zu dir sinke –

Freude will in mir lallen –

Eine Träne wird fallen –

Bald, Mutter, bald!


Quelle:
Gerrit Engelke: Rhythmus des neuen Europa, Jena 1921, S. 31-32.
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Rhythmus des neuen Europa: Gedichte (German Edition)