Zehnter Brief
Der Obriste Olivier an Reinhold

[25] Was ich treibe? Nicht viel Gescheutes! – Belagern schon seit Jahr und Tag, muß endlich die Belagerung in eine Blokade verwandeln, und werde meinen Zweck wohl nur mit Hülfe einer sehr genanten Kapitulation erreichen können.[25]

Ja! Ja! exclamire nur! – Die Zeiten ändern sich, man ist nicht immer jung, und die Siege werden schwerer. – Am Ende muß man doch auch für einen Heerd sorgen, und die Dämchen, womit man sich am meisten amüsirt, taugen gerade am wenigsten dabey.

Meine jetzige Prima Donna ist freilich in gewisser Rücksicht verzweifelt eigen; aber sie wird eine gute Hausfrau. Dafür stehe ich Dir. Etwas ähnliches von Sanftmuth und Geduld! – Nein, ich versichre Dir, es übersteigt allen Glauben.

Ob ich ihr denn schon Gelegenheit gegeben habe diese an mir zu üben? – Nein! nein! so arg ist es nicht. Aber die Mutter![26] – das Weib ist offenbar von sieben Teufeln besessen. Ich bedarf alle Augenblicke meines ganzen Savoirfaire, um meine Wuth gegen diesen Beelzebub zu bekämpfen.

Freilich arbeitet sie doch am Ende zu meinem Nutz und Frommen. Wer weiß ob ich nicht aufs Alter noch ein bischen wunderlicher werde, und wie viel Geduld ich dann verbrauche. –

Überhaupt wage ich nicht viel bey der Sache. Das gute Schäfchen besorgt mein Hauswesen und ein paar Buben, die meinen Nahmen fortpflanzen. Wartet mich, wenn ich krank, und zerstreut mich, wenn ich hypochondrisch bin. Übrigens versteht es sich von selbst,[27] daß wenn es mir früh oder spät einfällt, einen kleinen Seitengang zu machen, keine Achs und Ohs vorfallen. Das würde mich wahrhaftig am wenigsten zurückbringen.

Aber dafür ist auch gesorgt; der Mund dieses sonderbaren Mädchens scheint nur zum Lächeln geformt. Wahrhaftig! ich schäme mich es zu gestehen – aber wenn ich dieses Lächeln sehe – nein, ich kann es Dir nicht sagen, wie mir da wird – und Du glaubst es mir auch nicht. Schreibe doch bald.[28]

Quelle:
Karoline Auguste Ferdinandine Fischer: Die Honigmonathe, Band 1, Posen und Leipzig 1802, S. 25-29.
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