Siebzehnter Brief
Reinhold an Olivier

[48] Spotten? – worüber sollte ich spotten? Meinst Du ich heiße Olivier? – Ich freue mich, daß ich Recht habe. »Er ist besser als sein System.« Das sagte ich schon vor mehreren Jahren, und das wiederhole ich noch jetzt.[48]

Wie abgeschmackt! mich da hin zu setzen, und Dir vorzudemonstriren, daß Deine Teufelslarve eine Teufelslarve ist. Genug, sie verschiebt sich alle Augenblicke, und jetzt in Gegenwart dieses Engels, den Du mir schilderst, ist sie ja ganz abgefallen. Sonderbar genug, weißt Du nicht einmal etwas davon, und ich habe nun vollkommen Zeit, mir die wohlbekannten Züge wieder einzuprägen.

Gehe nur! nimm sie wieder vor, und spiele die Komödie so lange es Dir beliebt. Ich lasse mich nicht täuschen.

Was? der Mann der da schreibt: »ich denke nicht mehr an die Nützlichkeit ihrer Sanftmuth und Güte, ich sitze still und[49] bewundere,« das wäre der schändliche Egoist, der wie ein gieriges Raubthier nach Beute hascht, und alles zerfleischt was sich ihm widersetzt? –

Glaube mir! Du verstehst, Du kennst Dich selbst nicht. – O daß ein edler Mensch in Deiner Nähe, Dich wieder an Größe und Güte glauben lehrte! – Aber was sage ich! Da hast ja alles was Du bedarfst. Überglücklicher Mensch! beynahe hast Du zu viel.[50]

Quelle:
Karoline Auguste Ferdinandine Fischer: Die Honigmonathe, Band 1, Posen und Leipzig 1802, S. 48-51.
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