Eilfter Brief
Reinhold an Olivier

[35] Ist es wahr? ist es möglich! was ich lese, was ich höre? So plötzlich ist es dahin gekommen? – Du hast nicht einmal den Willen, Dich zu beherrschen! klagst sie selbst an! Sie in der Du vormals die höchste Reinheit und Güte erkanntest. – Eine Buhlerin, eine gemeine Buhlerin, der die Unschuld eines junger Mannes lästig ist, soll sie geworden seyn? –[35]

Wer hätte es wagen dürfen, Dir vor wenigen Monaten auch nur etwas ähnliches zu sagen? – wer dürfte es jetzt noch wagen, ohne mit seinem Leben dafür zu büßen?

Wie krank mußt Du seyn! daß Dir das Scheußlichste, das Unsinnigste als wahr erscheint.

Ich habe um Urlaub angesucht. Erhalte ich ihn; so eile ich zu Dir.[36]

Quelle:
Karoline Auguste Ferdinandine Fischer: Die Honigmonathe, Band 2, Posen und Leipzig 1802, S. 35-37.
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