Zwey und dreyßigster Brief
Olivier an Reinhold

[111] Entweder sie wollen mich los seyn und da sie wissen, daß ich die Kugeln nicht fürchte, mich wieder darunter schicken, in der Hoffnung, eine werde doch treffen. Oder der König hat gerade Langeweile, erinnert sich der P...schen Scenen mit Julien, und will die Komödie auf eine andere Art durchspielen. Wahrscheinlich trifft beydes zusammen, und da bin ich denn freylich vor einem Besuche nicht sicher. Hier lassen kann ich sie nicht; aber wem soll ich sie anvertrauen? –[111]

Reinhold Du liebst mich, Du hast es, auch wenn ich nicht daran glaubte, redlich mit mir gemeint. Reinhold! willst Du sie in Schutz nehmen? Dann lasse ich schnell mein Güthgen bey G... in Stand setzen. Ich weiß wohl: Du darfst Dich nicht entfernen. Aber es liegt nur eine Viertelstunde von der Stadt. Da könntest Du doch täglich einen Gang hinaus machen. Ganz allein kann ich sie nicht lassen, noch weniger sie der Mutter übergeben. – Begreife wie ich Dich achte! da ich Dich allen Andern vorziehe.

Antworte mir bald. Ich kenne ihn. Bey seinen Grillen ist keine Zeit zu verlieren.[112]

Quelle:
Karoline Auguste Ferdinandine Fischer: Die Honigmonathe, Band 2, Posen und Leipzig 1802, S. 111-113.
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