Neun und vierzigster Brief
Reinhold an Wilhelmine

[180] Diesen Brief, bestes Fräulein! ich kann ihn wahrlich nicht abschicken. Wozu die Anspielung auf Antonelli? – Glauben Sie, mein unglücklicher Freund leide ohnehin nicht genug? – Er würde den Brief zurückbehalten, und wahrscheinlich thäte ich an seiner Stelle dasselbe.

Wir können ja nicht bessern, warum sollen wir verschlimmern? Wenn die Erbitterung des Generals aufs höchste steigt; wird Ihre Freundin dann glücklicher? – Ich bitte Sie das zu[180] bedenken, und Juliens Ruhe nicht Ihrem Unwillen zu opfern. Gerecht, oder ungerecht; darauf kommt es ja nicht mehr an. Noch einmal! wir können nicht bessern, warum wollen wir verschlimmern? –

Nein, mag Fräulein Wilhelmine den langweiligen Prediger auch schelten – wahrlich sie ist ein wenig zu muthwillig. Die Heiligenbilder gebe ich ihr preis; aber meine Freunde sollte sie schonen. Ich glaube sogar, es bedürfe dazu keiner andern Ursach, als daß sie meine Freunde sind. Sie versicherte mich einst ihrer Achtung – muß ich nun glauben, sie habe meiner gespottet.[181]

Quelle:
Karoline Auguste Ferdinandine Fischer: Die Honigmonathe, Band 2, Posen und Leipzig 1802, S. 180-182.
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