Funfzigster Brief
Wilhelmine an Reinhold

[182] Sie schicken meinen Brief zurück? – Gut! ich werde mir schon helfen. – Sie klagen über Muthwillen? Der Ernst gefällt Ihnen besser. O wie Sie wollen! ich kann auch ernsthaft seyn.

Und so sage ich Ihnen denn: daß ich Sie sehr ernsthaft schätze, daß ich aber die Gefangenschaft meiner Freundin – nennen sie es anders, wenn sie können – mit allem Unwillen, dessen ich fähig bin, verabscheue.[182]

Sind es Ihre Freunde, die mein Liebstes auf der Welt so schändlich mißhandeln; da bedauere ich Sie um dieser Freunde willen. Aber billiger Weise könnte ich nun auch einmal fragen: warum es Ihnen denn gar nicht einfällt mich zu bedauern? – Weil ich muthwillig bin? Also haben Sie noch nicht gehört, daß oft der tiefste Schmerz sich hinter Muthwillen versteckt?

Doch mein Muthwille und meine Geduld ist zu Ende. Ich werde andre Maaßregeln ergreifen, und glaube Niemandem mehr Rechenschaft geben zu müssen.[183]

Quelle:
Karoline Auguste Ferdinandine Fischer: Die Honigmonathe, Band 2, Posen und Leipzig 1802, S. 182-184.
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