Siebentes Capitel.

Sie liebt mich.

[212] Wir waren zu unruhig, um schlafen zu gehen; denn der fürchterliche Brand dauerte die ganze Nacht. Das ganze Gebäude wurde eingeäschert, und mehrere Personen kamen in den Flammen um. Desto glücklicher war ich, meinen Freund gerettet zu sehen. Er hatte sich gerade beym ersten Lärmen an der Thüre befunden, und die ohnmächtige Fräulein noch zeitig genug an ihren Wagen gebracht.

»Sie liebt mich!« – rief er begeistert – »Ihr Herz ist mein! Ich habe es von[212] ihren Lippen gehört, mein Glück ist entschieden!« –

Er erzählte nun, wie gut die List gelungen sey, und wie sie gänzlich unerkannt geblieben wären. Er habe die schönste Gelegenheit gehabt, ihr endlich alles zu entdecken. – »Habe ich Sie beleidigt, mein Fräulein? – Ach ich wünschte es für meine Ruhe!« – »Sie drückte mir die Hand, und nannte mich ihren Adolph!« –

Ich mußte mich von ihm abwenden, denn meine Augen füllten sich mit Thränen. Mein armes Herz war zerrissen, und ich konnte meine Wehmuth kaum verbergen. – »Das ist vortrefflich!« – sagte ich mit erzwungener Heiterkeit, aber hätte er mich angesehen, er müßte alles errathen haben.

»Ich will, ich muß Ihm entsagen!« – sprach ich zu mir selbst, als ich allein war. – »Habe ich doch den Trost, ihn glücklich zu[213] sehen. Seine Freundschaft, sein Wohlwollen soll mir genug seyn.« – Meine Thränen flossen reichlich; es war ein wollüstiger Schmerz, eine so sanfte bittersüße Empfindung, daß ich sie ewig hätte festhalten mögen.

Als ich den andern Vormittag zum Fräulein kam, fand ich sie so heiter und glücklich, als ich selbst gewesen seyn würde. Sie fragte mich nach dem Vorfalle, und behandelte mich freundlicher als jemals. – »Mag sie glücklich seyn!« – dachte ich – »Sie wird wenigstens Mitleid mit dir haben.« –

Noch hatte ich dem Junker nichts von meinem Abentheuer gesagt, und beschloß auch, es ganz zu verschweigen. Die Unbekannte hatte mir soviel Achtung und Bewunderung eingeflößt; sie war so unglücklich als ich selbst, ich hatte ihr mein Wort gegeben. –

Quelle:
Christian Althing: Hannchens Hin- und Herzüge nebst der Geschichte dreyer Hochzeitsnächte. Leipzig 21807, S. 212-214.
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