Eilftes Capitel.

[226] Varia!

»Was der Henker?« – rief ich, und riß den Flügel auf. – »Das hat wohl uns gegolten?« – Aber es war keine Seele auf der Straße zu sehen. In dem Augenblicke hörte ich rufen. Es war der Junker; er hatte sein Schnupftuch an das Fenster geworfen, um mich aufzuwecken, da unsere Klingel zerbrochen war.

»Herr Jesus!« – sagte Jettchen – »Was wird er sprechen, daß ich da bin! –[226] Es muß auch allemal« – setzte sie unwillig hinzu – »'s ist, als ob der böse Feind« –

Ich eilte hinunter, sie folgte mir. – »Wenn werde ich dich nun wieder sehen?« sagte sie auf der Treppe – »Weißt du was, lieber Junge? Komm morgen! Der Alte ist verreist.« – Indem öffnete ich die Thüre, und sie schlüpfte neben dem Junker hinaus. – »Ha ha!« – sagte dieser mit Lachen – »du suchst dir die Zeit zu vertreiben, Gustel!« –

»Sie kommen ja so zeitig, gnädiger Herr!« – antwortete ich ernsthaft.

»Ich habe euch wohl gestört! Das thut mir leid.«

»Ach nein, wir schwatzten blos zusammen!«

(Lachend) »Ja, ja, man schwatzt freilich zusammen! So tête à tête, und alles in einzelnen Sylven! Nicht wahr?«[227]

»Im Ernste, gnädiger Herr, wir haben nichts Unrechtes vorgenommen« – indem ich über und über erröthete – »Sie erzählte mir vom Kammerherrn ***.«

»So? kennt sie ihn auch? – den« –

»Ach, wen wird die nicht kennen!«

»Ich habe ihn eben auch gesehen!«

»War er mit da?«

»Freylich! Ich wollte daß – Die Fräulein erschien nicht, darum ging ich auch fort.«

»Nun, haben Sie nichts von der Redoute gemerkt, ob er's gewesen ist?«

»Ich wollte es beynahe behaupten. – Statur und Gang sind dieselben; besonders fielen mir seine langen Affenarme auf!« –

»Ja er mag eben nicht der schönste seyn! Wie betrug er sich denn?« –

»Wie man sich in einer großen Gesellschaft beträgt. Eine Verbeugung, und zwey,[228] drey Worte. – Nachher habe ich nicht wieder auf die Espéce Achtung gegeben.«

Er brach das Gespräch ab, und ich verließ ihn. – »Nein, nein, Mamsell Jettchen!« – dachte ich – »Sie können ihr Bildchen behalten, ich habe selber eins.« –

Quelle:
Christian Althing: Hannchens Hin- und Herzüge nebst der Geschichte dreyer Hochzeitsnächte. Leipzig 21807, S. 226-229.
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