Zwölftes Capitel.

Aufgehorcht!

[229] Der Junker war zu einem großen Diner gebeten, welches ein Offizier zu geben hatte, und nahm mich zur Bedienung mit. Die Gesellschaft war zahlreich, der Kammerherr *** war auch dabey. Er saß dem Junker beynahe gegenüber, und ich fand sein Mulattengesicht, wie es mir Jettchen beschrieben hatte.[229]

Der Junker sprach vergnügt mit seinem Nachbar, welches der Bruder der Fräulein war, und nahm keine Notitz von ihm. Der gute Wein wurde nicht gespart, und die Gesellschaft fing an laut zu werden.

»Ach, meine Herren!« – hub auf einmal der Kammerherr an, und schien bereits betrunken zu seyn – »Ich muß Ihnen doch eine lustige Geschichte erzählen!« –

»Aufgehorcht! Aufgehorcht!« – schrien seine nächsten Nachbarn – »der Kammerherr erzählt!« –

»Wovon denn?« – ruften andere. –

»Von der letzten Redoute« – gab er zur Antwort. Dem Junker stieg das Blut in das Gesicht.

»Ha ha! Von der schönen Polin?« – fragten ihn andere.[230]

»Nein, meine Herren! Von einer schönen Pilgerin!« – Der Junker schob seinen Stuhl zurück, und sah sich nach mir um.

»Nun so lassen Sie doch hören! – Sie haben sie wohl auf den Weg des Heils gebracht?« –

Er grunzte wie ein Affe. – »Nein, meine Herren! Sie war schon darauf! – Es ist zum todtlachen. Stellen Sie sich vor, ich sehe da ein schwarzes Domino, das ihr immer zur Seite geht.« – Der Junker rückte ungeduldig hin und her. – »Es mochte vermuthlich ein Krautjunkerchen seyn, denn wir kannten ihn nicht. Kurz er ging ihr zur Seite, wie ein Bologneserhündchen, und so huschten sie ins Nebenzimmer.« –

»Kannten Sie denn das Frauenzimmerchen?« – fragten ihn andere.

»Ja freylich! Freylich! – Nun hören Sie nur! – Als sie ins Nebenzimmer kamen,[231] faßt er sie bey der Hand, und spricht heimlich mit ihr. – Ich mochte ihnen wohl im Wege seyn. – Nun Sie verstehen mich, meine Herren! – Sie werden wohl die Stationen zusammen gebetet haben!« –

Der Junker sprang auf, und warf den Stuhl zurück. – »Das sagt ein infamer Schurke!« – Alle sahen ihn an. »N–« riefen seine Nachbarn – »Was machst du? Bist du betrunken?«

»Und ich wiederhole es noch einmal: Das sagt ein niederträchtiger Schuft! – Ich kenne das Frauenzimmer, und Ich war das Domino!« –

Quelle:
Christian Althing: Hannchens Hin- und Herzüge nebst der Geschichte dreyer Hochzeitsnächte. Leipzig 21807, S. 229-232.
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