Zwölftes Kapitel.

Der Auftrag.

[25] Er war kaum aufgestanden, als der Graf hereintrat. Guten Morgen, lieber Solting! sagte er lächelnd; ich komme zu früh, nicht wahr? Aber wären Sie so verliebt, als ich, Sie würden mit der Sonne aufstehen! – Apropos, fuhr er fort, ich habe eigentlich eine Bitte an Sie!

Der Baron (mit einiger Verlegenheit): Reden Sie, lieber Graf! Sie wissen ja –

Der Graf: Eh bien! Sie haben gesehen, wie aufgebracht die Oberstin war –

Der Baron: Freilich! Sie schien nicht wenig beleidigt zu sein.

Der Graf: Nun, sagen Sie, ob ich Ihnen das mindeste über den Rencontre gesagt habe?

Der Baron: Kein Wort!

Der Graf: Ob ich mir die geringste Eifersucht habe merken lassen?

Der Baron: Aucunement!

Der Graf: Ob ich mir eine Frage erlaubt habe? – Wiewohl – Gestehen Sie selbst, ob ich nicht Ursache hatte? –

Der Baron: Parfaitement!

Der Graf: Eh bien, mein lieber Solting![26] Sie müssen ihr das sage. Gehen Sie diesen Morgen zu ihr, Vous la mettrez à la raison!

Der Baron: Mit Vergnügen, lieber Graf! Ihnen zu Gefallen.

Der Graf: Aber Sie müssen sich nicht merken lassen, daß wir es abgeredet haben.

Der Baron: Sorgen Sie nicht!

Der Graf: Und noch weniger, daß Sie mein Vertrauter sind.

Der Baron: Verlassen Sie sich darauf!

Der Graf: Wenn Sie von der Gräfin spricht, so thun Sie nur – Verstehen Sie mich? Sie muß glauben, daß Sie über und über in meine Frau verliebt sind!

Der Baron: Sant doute, mon cher!

Der Graf: Und da ich sie beide zusammen gesehen habe, so könnte sie vielleicht denken, que vous partagiez votre coeur!

Der Baron: Non, non!

Der Graf: Aber da sagen Sie ihr sans detour, daß ihre Wahl entschieden ist, daß Sie nur ein Herz haben, und daß Sie meine Frau allein lieben.

Der Baron: Ja, ja, das soll geschehen.

Der Graf: Sie verpflichten mich außerordentlich, lieber Solting! Suchen Sie mich wieder[27] mit ihr auszusöhnen, ich stehe Ihnen bei meiner Frau gleichfalls zu Dienste.

Sie nahmen Abschied, und jeder wünschte sich Glück, den andern betrogen zu haben.

Quelle:
Christian Althing: Dosenstücke, Rom; Paris; London [o.J.], S. 25-28.
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