Viertes Kapitel.

Die Fräulein.

[43] Er tritt herein, und findet den Grafen. Die Oberstin eilte der Dame entgegen; sie bezeigte ihr tausend Höflichkeiten, und erkannte ihn nicht. Aber er drückte ihre Hand, er lächelte sie verstohlen an, und sie errieth alles. Ihr Plan war sogleich gemacht: sie nöthigte die Dame in ein anderes Zimmer, und eilte, den Grafen sobald als möglich zu entfernen. Man denke sich ihr Erstaunen, ihre Freude, und ihre Aengstlichkeit. Man vereinige alle diese Empfindungen zu einer einzigen, und man wird wissen, was in ihrem Herzen vorgieng.

Unterdessen kam der Oberste nach Hause, und gieng gerade in das Seitenzimmer. Er fand die fremde Dame, die seine Frau erwartete, und hielt sich verbunden, sie zu unterhalten. Ihre Figur, ihr Betragen bezauberte ihn. Er hörte, daß sie erst vom Lande gekommen war, und lud sie ein, das große Manöver aus seinem Zelte zu sehen. Der gute alte Mann! Er hielt das für den stärksten Beweis seiner Zärtlichkeit.

Der Baron stand auf Kohlen, spielte aber seine Rolle vortrefflich. Er ließ den alten Obersten[44] von seinen Campagnen erzählen, und machte ihn immer vergnügter. Endlich trat seine Freundin herein; sie hatte den zudringlichen Grafen nur mit Mühe los werden können, und eilte nunmehr, die Fremde zu umarmen. Der alte Oberste bat um Erlaubniß, sich einige Minuten entfernen zu können, und beide Theile waren entzückt darüber.

Die Oberstin wollte zürnen, aber die Küsse ihres Freundes versöhnten sie. Er entschuldigte sich vollkommen, und ihre Liebe glaubte ihm alles. – Vergibst du mir, meine theuerste Julie? – Je n'ai qu'à vous voir – gab sie zur Antwort – et je vous justifie moi-même. Er drückte sie an sein Herz. – Allons! fuhr sie erröthend fort: vous ne favez que trop le moyen de vous faire pardonner. Er wollte ihr den süßesten Beweis davon geben, als der Oberste wieder hereintrat.

Quelle:
Christian Althing: Dosenstücke, Rom; Paris; London [o.J.], S. 43-45.
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