»Trag Rosen! komm, trag Rosen!«

[3] »– Und was du tust, ist es nicht das Gleiche?! zu einem Andern aber sagst du: er sei ein Tor!«


»Trag Rosen! komm, trag Rosen!« bat er innig und schmeichelnd, voll zitternder Sehnsucht und Angst, voll zehrender Ungeduld in den blitzenden Augen ... ein Kind, ein Knabe ... mit langen braunen Locken ...

»Trag Rosen! komm, trag Rosen!«

und seine Stimme klang wie das Locken verhaltener Liebe, die das Herz sprengen möchte und jauchzen und hinausjubeln in den Sonnenschein über Hag und Gärten:

»Trag Rosen! komm, trag Rosen!«


Aber es war ein Dornbusch, von dem er das bat ... und die Leute, die vorbeigingen, lachten über das törichte Kerlchen: es sei eben ein Kind!
[3]

Er aber trotzte: »Lacht! ich weiß es besser! er kann Rosen tragen, wenn ich nur das rechte Wort finde, wenn ich nur ... Geduld habe und warte!« und ließ sich nicht irre machen:

»Trag Rosen! komm, trag Rosen!«


Und er kam am Morgen, kam am Mittag und kam am Abend und wurde nicht müde, zu warten, und küßte die Dornen mit brennenden Lippen und drückte sie an sein hämmerndes Herz bis es blutete, und bat ... und bat und noch im Traum selbst bei Nacht voll zitternder Sehnsucht und Angst:

»Trag Rosen! komm, trag Rosen!« ...

Das gute kleine Närrchen ... zu einem Dornbusch!

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Und doch ... und doch ... ja:

»Trag Rosen! komm, trag Rosen! Trag Rosen! komm, trag Rosen!«

Quelle:
Cäsar Flaischlen: Gesammelte Dichtungen. Band 1: Von Alltag und Sonne. Stuttgart 1921, S. 3-4.
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