12. [Mein Gehirn ist müde]

[20] Mein Gehirn ist müde,

Herz und Hand erschlafft,

längst zu Asche glühte

alle Leidenschaft,


Mit versengten Flügeln

irrt ein dunkler Traum

geisterhaften Fluges

durch den öden Raum.


Tief im Nischenwinkel

an erloschenem Herd

kauert stumm ein Weibchen,

uralt, abgezehrt.


Im Getäfel hämmert

heiser eine Uhr,

wie ein hartes, krankes

Husten auf dem Flur.


Durch das blinde Fenster

zuckt ein Nordlichtschein,

und mit hohlem Lachen

grinst der Tod herein.

Quelle:
Cäsar Flaischlen: Gesammelte Dichtungen. Band 2: Aus den Lehr- und Wanderjahren des Lebens. Stuttgart 1921, S. 20-21.
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