14. Das Schloß am Rhein

[22] »statt sonniger Ideale

nächtige Totenmale!«


Stand einst ein Schloß am Rheine

mit Zinnen hoch und hehr,

Efeu und Rosen rankten

um seine Mauernwehr ...


Von seinen Türmen sandten

die Flaggen ihren Gruß

hinüber nach den Bergen,

hinunter nach dem Fluß ...


Und wer im schwanken Boote

da unten fuhr vorbei,

der sah's und grüßte wieder

und fuhr nicht gern vorbei ...
[23]

Ort auf und ab im Lande

traf man wohl keinen an,

dem nicht allzeit willkommen

das Tor sich aufgetan.


Heut aber sich zu laden,

kommt niemand mehr zu Sinn,

das Schloß steht in Ruinen,

und Geister hausen drin ...


In stiller Nacht nur reitet's

manchmal den Berg hinan

und springt vom Rosse droben

ein grauer Rittersmann ...


Im fahlen Mondschein flimmert

Helmzier und Wappenschild:

ein Hofnarr, der mit Hellern

und Herzen Fangball spielt ...


Der Letzte ist's vom Schlosse,

der einst von hinnen zog,

als ihn das Glück am Leben

ums beste Teil betrog ...
[24]

Und Tor und Türme sanken

seitdem in Trümmer hin ...

nun sind's nur noch Ruinen

und Geister hausen drin.

Quelle:
Cäsar Flaischlen: Gesammelte Dichtungen. Band 2: Aus den Lehr- und Wanderjahren des Lebens. Stuttgart 1921, S. 22-25.
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