2. Herbst

[89] Ueber den See hin

braut der Nebel

lautlos leise ...


Wie große weiße

seltsame Spinnen

rinnt und spinnt es

über die Wasser,

lautlos leise ...

und im Schilf

die großen

Rosen

schließen fröstelnd ihre Kelche.


Lautlos leise

rinnt und spinnt es

Uferholz-entlang

und höher

durch die Gitter[90]

in die Gärten,

über spielzertretene Rasen,

über welke Blumenbeete ...


Am Verandafenster, lauschend,

tief in weichen, weißen Kissen,

träumt ein Mädchen ...

und von ihres sonnenlosen

Gartens herbstverfallenen Rosen

suchen ihre sehnsuchtgroßen

stillen Augen

weit in's weite

letzte müde Abendrot ...


Und

lautlos leise

rinnt und spinnt es

um das Fenster

durch das Weinlaub ...

und lautlos leise

küßt es die weiße

Stirn ihr

und den lächelnden Mund.

Quelle:
Cäsar Flaischlen: Gesammelte Dichtungen. Band 2: Aus den Lehr- und Wanderjahren des Lebens. Stuttgart 1921, S. 89-91.
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