26. Auf einer Jungfrauen in Lieflande ihren Namenstag

[141] 1635 März 25.


Was, Schöne, sollen wir euch heute Schönes schenken,

darbei ihr eures Tags und unser mögt gedenken,

des schönen Tags, der euch mit Freuden hat begabt,

und unser, die ihr euch mit Gunst verpflichtet habt?

Was Tajus Schönes führt in seinem gelben Strande,

und was Bassora liest aus Ormus reichem Sande,

was man wirkt zu Schiras, die künstlich ist und reich,

das ist zwar schön' in sich, doch schöne nicht für euch,

ihr Schauplatz aller Zier! Die goldgemengten Haare

sind güldner noch als Gold, die zarte Perlenware

ist grob für eurer Zier; kein güldnes Stück ist rein',

ihr gebt mit kluger Hand den Farben höhern Schein,

wenn ihr die Nadel führt. Die brennenden Rubinen,

die dürfen euren Mund zu sehn sich nicht erkühnen,

sind blaß und tot vor ihm. Kein heller Demant nicht,

der wagt sich einen Blick in eurer Augen Licht.

So dürfen wir auch nicht ein süßes Stündlein bringen

und in manch Instrument die Knaben lassen singen,

weil itzund Gottes Sohn für unsre Sünde büßt,

und ohn' diß euer Haus voll nassen Weinens ist,

so daß nichts Schönes euch von uns itzt her kan kommen,

weil aller Schönheit Gut uns gänzlich ist benommen.

Diß ungeformte Band ist einig übrig noch,

verächtlich, unwert, arm. Nehmt, Schöne, nehmt es doch[141]

und laßts ein Zeichen sein, daß man euch hat gebunden!

Seht tausentmal den Tag, doch mit erfreuten Stunden!

Er stelle sich fortan mit lauter Lachen ein

und lass' euch übers Jahr ein frölichs Bräutlein sein!

Kein schönrer Wundsch ist da. Doch wollet ihr gedenken:

ihr habt Schuld und nicht wir, daß wir nichts können schenken,

was schöne heißt und ist! Ihr habts schon in der Tat,

als der die Schönheit sich selbselbst verehret hat.


Quelle:
Paul Fleming: Deutsche Gedichte, Band 1 und 2, Stuttgart 1865, S. 141-142.
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