32. Auf H. Lyon Bernullis, Fürstl. Holstein. Gesandten Hofejunkern, Namenstag

[147] 1635 Juni 28.


Was soll man anders tun an einem lieben Tage,

als daß man ganz entfreit von aller Not und Klage

von Herzen frölich sei? Setz' alles Leid seitab

und denke bei der Lust dem Himmel, der sie gab!

Guts kömmt vom Guten her, dem Einigen, dem Wahren,

von dem uns Keinem noch was Böses widerfahren.

Die Zeit, die fleugt vorbei, die Jahre warten nicht;

die Stunden schießen fort. Ein ieder Blick, der spricht:

Ergreif' mich, weil ich bin! Dich trifft nun deine Reihe,

Freund, und gebeut auch uns, daß man sich mit dir freue!

Bist du nur so bereit zur Frölichkeit als wir,

so wird den ganzen Tag getrunken ganz kein Bier.[147]

Auf heut' ist diß zu schlecht. Wenn Pböbus uns läßt scheinen

den Tag, da uns zuerst die Mutter hörte weinen,

da wills nicht sein geweint. Wein will von Nöten sein,

der gibt dem Herzen Herz' und stärket Mark und Bein.

Das kan Lyäus tun, der Starke, der Bezwinger,

der Lustfreund, Herzenstrost, Geistreger, Sinnendringer.

Heut' ist sein und dein Fest. Es stünde Beiden kahl,

wenn du ihn lüdest nicht auf diß dein frölichs Mahl.

Wer wolte lustig sein? So schicke denn nach Weine!

Geh, Junger, hol uns her den wertesten vom Rheine

und besten Lautertrank! Bring Zucker und Kanel,

Succat und Ingwer auch, des schwachen Magens Seel'!

Eil, hole was du solst! Du andrer lauf zum Garten

und putz das Lusthaus auf, leg auf das Bret und Karten,

befiehl auch, daß straks wird der Schorstein angemacht,

daß uns geglühter Wein nicht fehle durch die Nacht,

und wenn man sein begehrt! Streu Blumen auf die Bänke

und ordne das Confect! Vor allen so gedenke

der kalten Schalen wol, daß sie also, wie du

sie selbsten gerne magst, uns wird gerichtet zu!

Wenn dann das Saitenspiel nun wird sein angekommen,

und du die meiste Zahl der Jungfern hast vernommen,

die uns gebeten sind, so komm und sags uns an!

Wer dann von uns nicht kömmt, der ist kein guter Man.


Den 28. Brachmonatstag 1635. in Revel.


Quelle:
Paul Fleming: Deutsche Gedichte, Band 1 und 2, Stuttgart 1865, S. 147-148.
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