42. Auf H. Johann Arpenbeks, fürstl. holstein. Gesandten Dolmetschen im Reußischen, seinen Namenstag, in Moskow

[158] 1636 Juni 24.


Indessen, daß du bist der schönen Stadt entzogen,

die deiner allzeit hat als ihres Sohns gepflogen,

so, daß die Liebste dich nicht selbsten binden kan,

so nimm an ihrer Statt von mir diß Brieflein an!

Nimm dieses Brieflein an und meine hierbeineben,

als hätte sie dirs selbst von Hand zu Hand gegeben,

da doch das schöne Kind nun weit, weit von uns ist,

nach dem du kaum halb froh mit feuchten Augen siehst!

Zwar, sie wird tausentmal und tausentmal gedenken:

Ach! solt' ich diesen Tag ihm dieses Bändlein schenken!

dem sie vom Wert' und Kunst gab einen lieben Schein,

mehr, daß ihr güldnes Haar steht mit geflochten ein.

Diß aber hast du, Freund, inkünftig zu empfangen

und sie auch selbst darzu; itzt maße dein Verlangen!

Denk' nicht zu sehr an ihr und harre jener Zeit,

die allzeit dich mit ihr und sie mit dir erfreut!

Lös' heute dieses Band, mit dem wir heute binden

das Herz' und nicht die Hand! Du weißt wol Rat zu finden,

wir sorgen nicht darfür. Nur das sei alles klar,

wenn ich dir spreche zu und eine lange Schar,[158]

die nicht kan traurig sein. Doch aber, ist es Sache,

daß etwan jener Freund uns heut' ein Gastmahl mache,

der auch heißt so wie du, so sei mit dem vergnügt,

daß sich ein ieder denn auf Morgen zu dir fügt!


Quelle:
Paul Fleming: Deutsche Gedichte, Band 1 und 2, Stuttgart 1865, S. 158-159.
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