4. Aus Heinsius seinem Niederdeutschen Vilius est aurum. Auf den güldenen Zahnstocher

[210] Du liebes, köstlichs Pfand, genommen aus dem Munde

der himmlischen Gestalt, kömst zu mir diese Stunde

mit süßer Dieberei, zu mindern meine Qual,

weil sie zuerste mir mein krankes Herze stahl,

mein Herze, das sie mir verknüpft mit süßen Banden,

mit dem sie spielt und das sie trägt in ihren Handen.

Nun bin ich ohne mich. Doch um zu sein bei ihr,

da ich doch nicht sein kan, so hab' ich dich bei mir.

Itzt nehm' ich dich herfür, itzt leg' ich dich denn nieder;

ich schaue dich bald an, bald nehm' ich dich hinwieder.

O würdigs, köstlichs Pfand, dem ich bin herzlich hold,

an dir befind' ich Nichts, das schlechter ist als Gold.


Quelle:
Paul Fleming: Deutsche Gedichte, Band 1 und 2, Stuttgart 1865, S. 210.
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