11. Schäferei

[215] Sophia, Schäferin, an Tugend, Zier und Adel

und aller Trefflichkeit erboren ohne Tadel,

der Hirten schönster Preis, die um den grünen Belt

ihr wolgepflegtes Vieh hier treiben in das Feld![215]

Ob hier zwar vielerlei von schönen Blumen stehet

und manch gefärbtes Kraut mit dir spaziren gehet,

aus dem dir mancher Kranz auf heute wird gemacht

und in dein güldnes Haar mit Jauchzen wird gebracht,

so bringt Philemon doch, der treflichste der Hirten,

allein dir einen Strauß von Venus eignen Myrthen,

Philemon, deine Lust und ganzer Aufenthalt,

dem niemand gleiche geht an Adel und Gestalt.

Heb' unsre Bänder auf, o Schwester, neben seinen

und laß dir diesen Tag zu voller Freude scheinen,

der seinen Glanz streut aus in unverglichner Pracht

und durch dein güldnes Licht noch heller wird gemacht!

Itzt ist die schöne Zeit. Sophia, brauch der Freuden,

laß Schaaf' und alles Vieh nur unbesorget weiden!

Wir wollen einen Tanz um diesen frischen Fluß

auf dein gut Glücke tun und wechseln Kuß für Kuß.

Aurora sagt dir zu mit duppelt schönen Wangen

dein klares Morgenlicht inkünftig zu empfangen,

so daß dein ganzer Tag nichts als nur Sonnenschein

und durch die ganze Nacht ganz sternenklar soll sein.


Quelle:
Paul Fleming: Deutsche Gedichte, Band 1 und 2, Stuttgart 1865, S. 215-216.
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