6. Zur Wechselburg

[331] 1632.


Grüß' euch Gott, ihr Hamadryaden,

grüß' euch Gott, ihr Nymphen hier,

ihr Napä'n und alle Gratien,

die ihr wohnt in der Revier![331]

Grüß' dich Gott, du unerschöpfte Lust,

Gott und Göttergleichen nur bewußt,

die du uns so lieben Willen tust!


O wie wol verjaget mich der Tod

in den Auszug aller Zier!

Ich bin los der blassen Furcht und Not,

weil ich nun kan leben hier.

Grüß' dich Gott, du unerschöpfte Lust,

Gott und Göttergleichen nur bewußt,

die du uns so lieben Willen tust!


Komm herbei, geliebter Tityrus,

mache fort und komm herbei,

und verführ mit deinem Sylvius

sein gewöhnliches Geschrei:

Grüß' dich Gott, du unerschöpfte Lust,

Gott und Göttergleichen nur bewußt,

die du uns so lieben Willen tust!


Höre zu, du hochgepreister Fluß;

höre, Mulde, höre zu!

Sylvius und sein Freund Tityrus

rufen immer ohne Ruh':

Grüß' dich Gott, du unerschöpfte Lust,

Gott und Göttergleichen nur bewußt,

die du uns so lieben Willen tust!


Streuet Pol, ihr weichen Najaden,

um diß euer gläserns Haus,

werfet Klee und bunte Tulipen,

rufet sämtlich vor uns aus:

Grüß' dich Gott, du unerschöpfte Lust,

Gott und Göttergleichen nur bewußt,

die du uns so lieben Willen tust!


Grüß' dich Gott, du unerschöpfte Zier!,

sag' ich tausentmal zu dir.

Grüß' dich Gott!, ruft Tityrus mit mir.

Wir erheben für und für:

Grüß' dich Gott, du unerschöpfte Lust,

Gott und Göttergleichen nur bewußt,

die du uns so lieben Willen tust!
[332]

Quelle:
Paul Fleming: Deutsche Gedichte, Band 1 und 2, Stuttgart 1865, S. 331-333.
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