29. Das getreue Elsgen

[425] Es ist unverwant mein Herze,

das ich trage gegen dir,

es ist unverwant in mir,

du mein Trost und auch mein Schmerze.

Was sich regt in meinem Blute

weiß von keinem Wankelmute.


Lasse dich diß nicht betrüben,

daß ich dir ohn' Unterlaß

von der Pein, die mich macht blaß,

seither habe nicht geschrieben.

Das Gemüte redt die Fülle,

schweigt gleich Mund und Feder stille.


Siehst du, wie die festen Eichen

für den Stürmen sicher sind,

wie der schwache Nordenwind

von den Felsen ab muß weichen?

Mein stark Herze, das dich meint,

bleibt, weil uns die Sonne scheint.


Geuß die Stralen deiner lieben,

deiner süßen Treflichkeit

in mein Herze, das sich freut,

sich um dich auch zu betrüben.

Deine keusche Schönheit macht,

daß mein Mund auch weinend lacht.


Eben diß ist mir ein Zeichen

deiner ungefärbten Gunst,

wenn du mich in dieser Brunst

nicht ganz hülflos läßt erbleichen,

und weil du mich nicht kanst küssen,

mich doch lässest noch begrüßen.


Nun, erfreue mich, o Schöne,

daß ich, wie ich vor getan,

so auch ferner sagen kan:

Die getreue Basilene,

Basilene, die getreue,

tut stets, was ich mich stets freue.
[425]

Quelle:
Paul Fleming: Deutsche Gedichte, Band 1 und 2, Stuttgart 1865, S. 425-426.
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