2. An Christianen und Sigismunden Ilgen, Gebrüder, über Ableben ihres Vatern, Schwester und Schwagern

[454] 1632-1633.


Du brüderliches Paar und meiner Freundschaft Zier,

halt' an und sieh dich um, ob irgends aller Enden

noch was zu finden sei, das deine Qual kan wenden.

Halt' an und sieh dich um. - Ich sehe, klagst du mir,


ich sehe nichts für mich. - Ja, recht! Ich gläub' es dir.

Was soll denn dieses Ach, diß Ringen mit den Händen?

Ists diß nun, das du siehst, das dir soll Hülfe senden?

O nein! Drum laß es nach und nim ein Anders für.


Was aber? Gieb dich drein. Das Leid zwar wird gleich groß,

je Liebers uns was fällt. Ich sag' auch nicht so bloß,

daß man um Freunde nicht gebürlich trauren solle.


Was aber? Gieb dich drein. Entschlage dich der Angst

und wisse, daß du nur durch Schweigen diß erlangst,

was kein Mensch sonst nicht kan, er tu auch, wie er wolle.
[454]

Quelle:
Paul Fleming: Deutsche Gedichte, Band 1 und 2, Stuttgart 1865, S. 454-455.
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